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bis sie selbst wie ein Held aufsteigt, den Weg des Tages zu laufen und zu leiten, so ist Jesus der Herr als das stille Licht über den Fluren Bethlehems aufgegangen. Und wo man ihn sah, da ging es durch die Herzen: sehet, welch ein Stern! Und der Erhöhte weist keine liebere, keine zartere Erinnerung, als daß er an Bethlehems Armut denkt, er, die Wurzel des Geschlechtes David, ein heller Morgenstern! (Offenb. 22, 16.) So zart und so fromm, so licht und so rein, so unberührt vom Lärm des Tages und vom Staub der Sünde, so im Äther der Heiligkeit regierend, so in der Fülle des Glanzes thronend, so weit, weltabgeschieden von all dem Unguten, das uns niederzieht, geht er seine Bahn, der heilige Morgenstern. Und nun wird er nicht bloß Führer aller Leuchten, Feldherr aller Lichter und Erstling all derer, die da schlafen, sondern er wird die Fülle des Lichts. Ich bin das Licht der Welt! Wo es in der Welt wirklich leuchtet – nicht mit dem Flammenzucken des Aufruhrs, nicht mit der unheimlichen Stichflamme der Aufklärung, nicht mit dem unruhvollen Scheine des Irrlichtes, – sondern wo es wirklich in der Welt aufleuchtet, reine Gedanken, große Gesinnung, heilige Pläne, ernste Gelübde, selige Verheißungen, wahrhafte Großtaten, da steht, ob man es glaubt oder nicht, ob man es weiß oder nicht, Jesus im Hintergrunde; denn er ist das Licht der Welt. Und wenn irgend in einem Menschenherzen ein Gedanke der Liebe erwacht, die stärker ist als der Tod (Hoh. 8, 6), ein Gedanke der tragenden, vergebenden, verzeihenden Liebe, wo irgendein Mensch Geduld und Hoffnung faßt, da ist es Jesus, der das Herz regiert. Und wo auf einsamem Sterbelager eine Seele, die sich allein wähnte und in ihrem Alleinsein vergrämt ward, von dem Frieden hört, da ist das Licht gekommen. Und wo die Torheit der Menschen von einer längst verschollenen, längst totgeglaubten Persönlichkeit, halb schmerzlich und mitleidsvoll, halb höhnend spricht: lebt der auch noch?, da tritt die mitteilsame, die