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was sage ich, nicht nur der Glaubensartikel, sondern die Heilige Schrift, ja fährt der Herr der Geschichte weiter: begraben. „Laß du die Toten ihre Toten begraben“ (Luk. 9, 60), sagt der Herr zu dem Jünger und er selbst wird in ein kühles Grab gesenkt. Und dieses Grab ist seitdem aller Zweifel Ruheort und aller Trostlosen Rast und Frieden und aller Schwergeängsteten liebster Aufenthalt geworden: „So ruhest du, o meine Ruh in deiner Grabeshöhle und erweckst durch deinen Tod meine tote Seele.“

 Seht, alles, was der Feind zum Hohn des Heiligen, zur Schmach des Allmächtigen, zur Vernichtung des Lebens getan hat, ist schließlich zu seiner Verherrlichung geworden, auf daß man siehet: „der rechte Gott wohnt zu Zion.“ (Ps. 84, 8.) Das Holz der Schmach ist nun der Lebensbaum geworden; das Grab des Gestorbenen ist der Friede der Seinen.

 Und begraben! Aber schon spielt um das geschlossene Grab der Morgenschein eines neuen und ewigen Tages; schon regt sich um die schlummernden Gebeine das Geheimnis eines ewigen Frühlings. Von allen Seiten, die den Verstorbenen beweinen, von allen Nöten, die mit ihm ins Grab gesenkt sind, aus allen Sünden, die er mit sich in den Tod genommen hat, blüht und grünt es ihm entgegen, lauter Ehrenpreis des Gekreuzigten:

Liebe, die sich tot gekränket
Und für mein erkaltet Herz
In ein kaltes Grab gesenket,
Ach, wie dank’ ich deinem Schmerz!

 Die Not Gottes ist sein Triumph geworden, und das Grab des Ärmsten unter den Menschen hat der Menschheit ihren Reichtum gegeben, und an dem Stein im Garten des Joseph von Arimathia hat die arme Kirche ihren Grund- und Eckstein gewonnen: „seht, ich lebe und habe überwunden!“