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Nun weiß es der geringste der Dämonen, nun sieht es der verlorenste der Teufel; bis in die entferntesten Höllenschlünde, bis in die entlegensten Höllenwinkel, bis in des Abgrundes Heimlichkeiten dringt das Licht, klingt die Mär: Jesus ist Sieger! Er zeigt seine Herrlichkeit: „Du hast mir die Herrlichkeit versprochen auf der Zinne des Tempels, und ich habe sie erlangt auf der Höhe des Kreuzes! Du hast mir die Reiche der Welt ausgetan dort auf dem Berge, wenn ich niederfallen und dich anbeten würde, und ich habe draußen auf Golgatha gelitten und alles verlassen und alles geopfert und alles vermißt. Nun hat mir Gott einen Namen gegeben, der über alle Namen ist. Kennst du mich? Du hast die Steine für Brot mir dargeboten und hast von meinem Gott mich scheiden heißen und hast meine Seele geängstet bis in den Tod und hast mit Höllenqualen mich belastet. Und jetzt ist alles vorüber, alles ist neu geworden!“

 Was war das für eine Stunde, wir werden es einst erfahren, als der Fürst der Welt das Lamm Gottes erschaute. Der der Welt Sünde erregte, sah den, der der Welt Sünde trägt. Der die ganze Welt ins Arge versenkte, erschaut den, der die Welt aus dem Argen herausriß. In der Stunde begegnet der Fürst des Lebens, auf dessen heiligem Diadem die Inschrift prangt: „Gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuze!“ (Phil. 2, 8) dem Fürsten des Todes, auf dessen furchtbarem Antlitz steht: „weg mit Gott!“

 Ahnt ihr, was es heißt, niedergefahren zur Hölle? In der Stunde, da sie auf Erden noch fragen: „wo ist der, den sie ans Kreuz schlugen?“, da noch der Jünger Herz, müde in Hoffnungslosigkeit, sprach: „Wir hofften, er sollte Israel erlösen“ (Luk. 24, 21), in der Stunde hat der Fürst des Lebens seine Herrlichkeit dem Todesherrn gezeigt. Gehorsam und Trotz, Wahrheit und Lüge, Echtheit und Schein, Treue und Untreue sind einander begegnet, und die Treue hat das letzte Wort im Himmel und auf Erden, und die Wahrheit hat gesiegt und das Leben bleibt.