Seite:Hermann von Bezzel - Der Beruf der evangelisch-lutherischen Kirche zum Amt der Diakonie.pdf/15

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gewesen und wäre es die allergeringste. Wir aber leben in einer großen Zeit.

 Das 19. Jahrhundert, an dessen Ende wir stehen, ist ein Jahrhundert des Kampfes um die alleredelsten Güter gewesen. Als es anfing, hat man dem Christentum nur noch wenige Jahre gegönnt. Man hat allerwärts gemeint, es werde gar zu Ende gehen, und dieses Jahrhundert, das viele Liebhaber der Kirche so trüb ansahen, ist ein Missionsjahrhundert geworden, wie keines vorher. Es hat alle Erfindungen menschlicher Kunst und Wissenschaft, alles und jedes in den Dienst der großen Aufgabe Matthäi 28 gestellt: „Gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker.“ Das läßt uns das sichtbare Walten des Hl. Geistes gerade mit besonderer Ehrerbietung und Dank betrachten. Dies Jahrhundert, das auch treue Bekenner mit Angst und den schwersten Befürchtungen betrachteten, ist ein Jahrhundert geworden, in dem das Banner Jesu Christi so mächtig vorgetragen wurde, wie in keinem andern, in dem die Gnade Jesu Christi sich über alles Erwarten verbreitet und vertieft hat, es ist vor allen Dingen das Jahrhundert der evangelisch-lutherischen Kirche geworden.

 Es ist kein Lieblingsgedanke von mir, sondern ein Ergebnis nicht ganz oberflächlicher Betrachtung, daß unsere Kirche mit ihrem ökumenischen Sinn und mit jenem feinen Verständnis für alles Große, Wahre und Schöne der andern Kirchen noch das Zentrum werden wird, auf welches alles hineilen wird. „Du hast eine kleine Kraft und hast Mein Wort behalten, sie sollen kommen und sehen, wie sehr ich dich geliebet habe.“

 Ja, das 19. Jahrhundert ist das Jahrhundert der ev.-lutherischen Kirche geworden. In diesem Jahrhundert hat diese verachtete, im 18. Jahrhundert in Formenkram so furchtbar herabgekommene Kirche, sich wieder aufgerafft und ist aufgefahren mit Flügeln wie Adler (Jes. 40) und hat nun ihren Herrn und Heiland wieder gefunden. Es ist das der größte Gedanke, der Kirche anzugehören, welche mit ihrem seinen Takte und mit ihrer gerechten