Seite:Hermann von Bezzel - Der Beruf der evangelisch-lutherischen Kirche zum Amt der Diakonie.pdf/24

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die um der Ehre willen, unter ihren Fahnen zu streiten, alles dransetzen. Es bleibt dem natürlichen Menschen ein hoher Gedanke, in einem großen Kreise fest eingeschlossen zu sein. Die römische Kirche faßt den Gedanken, das Einzelleben einem großen Ganzen einzuordnen, mit dem größten Ernst und nützt ihn aus, und so hat sie für ihre Barmherzigkeitswerke eine Verfassung geschaffen. Ihre Barmherzigkeitswerke gehen nicht erst auf das 17. Jahrhundert zurück, sondern auf ihren Ursprung. Sobald die katholische Kirche weltbeherrschend geworden war, fing sie an, mit den Müden zur rechten Zeit zu reden, das kann nicht geleugnet werden. Man würde aufhören, ein lutherischer Christ zu sein, wenn man das vergäße. Die erste Idee des gesegneten klösterlichen Lebens war Barmherzigkeitsübung in Verfassung. Nicht daß einzelnen Seelen die Uebung der Barmherzigkeit nach ihrem Willen überlassen war, sondern nach den Grundsätzen, welche die Kirche für gut fand, mußte Barmherzigkeit gespendet werden. Und wir dürfen es nicht vergessen, daß der Herr an Seinem großen Tage auf viele Barmherzigkeitstaten hinweisen wird, da dort mit freundlichem Mund und hilfreicher Hand gern den Armen und Sterbenden gedient wurde. Die römische Kirche stand am Sarge vieler Völker, sie hat diesen Völkern das Sterben erleichtert, sie hat den Lebensabend großer Kulturvölker milde getröstet und Mönche und Nonnen ausgesandt, die Welt hereinzurufen in die Mauern der Klöster. Die Welt soll hineingezogen werden in die Kirche, nicht so, daß die Kirche hinausgeht zu ihnen, sondern „nötiget sie herein zu kommen.“ Die Verfassung ist da und wer Barmherzigkeit haben will, der muß sich hineinordnen. Als die Not größer wurde, und die Zeichen der Zeit auf Sturm deuteten, da war es wieder die katholische Kirche, welche diese Zeit verstand, und wir sind die Letzten, welche verkennen, was im 17. Jahrhundert an großen Werken der Barmherzigkeit für die Welt geschehen ist. Durch Vincenz von Paulo ist das alles geschaffen worden, was man jetzt besonders