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väterlichen Pfarrhauses von Philipp Nikolai im Waldeckschen sieht: labia sacerdotis custodient scientiam, lasse der Prediger den Text auf sich wirken: hoc unum agendum, ut verbum plane et copiose doceatur. Unum cor et una anima in Domino – den ganzen Text, nicht daß mottoartig irgendein Wort „herausgestellt“ werde, an das alle irgend möglichen Gedanken lose sich anreihen, sondern selbst auf die Gefahr hin, daß es mehr Homilie werde, die doch nicht bloß voll, sondern auch satt macht, nehme man den ganzen Text an sich und denke sich als Hörer der Jesuspredigt mitten unter dem Volke, als Empfänger eines Apostelbriefes mitten unter dessen Lesern. In seiner Vorrede zur Handausgabe des Neuen Testamentes (1734) schreibt J. A. Bengel das feine Wort: Te totum applica ad textum; rem totam applica ad te. Textgemäß und praktisch sei die Bereitung zur Predigt, die du zuerst dir gehalten haben mußt, ehe sie an die Gemeinde kommt. Dann sammle die Gedanken, die aus jedem Worte dir zufließen, aus jedem Verse dir zuströmen, sieh hin, ob sie unmodern und unbräuchlich sind oder ob sie nicht vielmehr, da das Menschenherz im zwanzigsten Jahrhundert dieselbe Angst kennt und in der Festigkeit die höchste Schönheit wie vor Jahrhunderten, ihm jetzt noch völlig genug tun. Rücke Zeitereignisse und Lebensfragen, Zweifel und Bedenken, deine Erfahrungen, so gering sie sind, wenn sie nur wahr sind, unter ihr Licht und dann ordne, was dir Gott gegeben hat, am besten nach der Väter Weise in Thema und Teilen, die in Frageform am ehesten die Gemeinde erreichen! Wenigstens das Thema soll immer als Frage an den Hörer sich