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ersehen wir ein wenig, wie das Zeichen, dem widersprochen wird, das große ἡμίωρον vorbereitet, von dem die Offenbarung, (8, 1) redet, das Schweigen, wo die einen sich vor ihm verbergen und die anderen nach Worten suchen, ihn zu preisen, die heilige Stille, wo entmächtigt seine Feinde und vollmächtig seine Knechte ihn umringen: er allein ist würdig, zu nehmen Lob, Ehre, Preis, Macht, Dank und Ruhm. Vielleicht ahnen wir, daß, während die Welt zum letzten Kampf gegen den Herrn ausholt, er lächelnd solchem Treiben zusieht, weil er weiß, wie es endet. Denn so gewiß die Wahrheit in ihrer Herrlichkeit sich durchsetzt und über alle Wirklichkeit der Antithesen triumphiert, bis sie selbst zur vollbeherrschenden Wirklichkeit geworden ist, so gewiß wird der Herr nicht rasten, bis er von allen Knien angebetet und von allen Zungen Huldigungen empfangen wird. So verklärt er diese Welt, unter der er wohnte, in der er litt, an der er starb, in die ihm ganz homogene, mit ihm ganz harmonierende Seinsweise. Jetzt, sagt Luther einmal, ist Werkeltag, und das Unkraut zeugt wider den Säemann; aber über ein kleines wird der Werktag aufhören und die ganze Natur ihr Sabbatkleid anziehen, und das Unkraut als ein nicht sein sollendes wird ausgetan: das bindet in Bündlein, daß man es verbrenne! Es ist unserer Kirche, der Kirche der Reformation diese glaubhafte und glaubensstarke Hoffnung auf Weltvollendung oft abhanden gekommen. Wir fürchten, daß die Welt mit einer Antilogie enden solle oder, wie es im 17. Artikel der Augustana heißt: Wir glauben, daß nur eine selige Weltvollendung Gott entspricht; wir wissen aber, daß es keine vollendende Allmachtsliebe gibt, die nicht im Zorn sich behauptet, und daß es keine verklärende Herrlichkeit Jesu geben kann, die nicht in der Gegensätzlichkeit sich bewahrt–und denken zu wenig daran, daß er alle seine Feinde nicht zu Freunden umwenden kann, noch will, noch darf, aber daß er alle seine Feinde entmächtigt, damit sie wider ihr Wollen bezeugen müssen, er allein sei Herr. Wenn er aber alle Dinge dahin gebracht haben wird, daß nur das Gute, Wahre und Schöne ihnen immanent ist, als Lebensgesetz den einen, als Lebenszerstörung den anderen, dann hat er seine verneuende und verklärende Mission erfüllt, dann ist seine verklärte Leiblichkeit ganz durchheiligt und durch geistigt, ist sein Werdeprozeß abgeschlossen, ist er ganz verklärt. Dann ist auch seine Kirche allen Widrigkeiten und Fährnissen entnommen, sie ist aus einer ecclesia viatorum zu einer ecclesia beatorum, aus der Kirche der Wandersleute in eine Kirche der Seligen verklärt, dann ist auch die große Antithese von Lüge und Wahrheit, von Sein und Seinsollen ausgetan, und es ist nur ein Name und ein Wort; und dann, sagt Paulus 1. Kor. 15: καὶ αὐτός ὁ υἱὸς ὑποταγήσεται τῷ ὑποτάξαντι <span title="in der Vorlage: 'αὐτῳ'" class="anno" style="color: #00AA00;;">αὐτῷ τὰ πάντα.

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Hermann von Bezzel: Der erhöhte Herr. Furche, Berlin 1914, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Der_erh%C3%B6hte_Herr.pdf/20&oldid=- (Version vom 5.7.2016)