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wider Willen, die Negative, nicht die Negation des ewigen Lebens ist. Je mehr Israel in die Greuel der Götterlehren mit ihrer Glorifikation der Sinnlichkeit, des Hedonismus und der Verwischung des Guten und Bösen hineinsah, daß vor den Göttern die in dem unbekannten Gotte Weilenden zu den Mysterien flohen, während das Volk an seinen Göttern starb, deren potenzierte Sündhaftigkeit durch die Straflosigkeit als Gutsein sich ausgab, desto mehr erkannte es in dem Gott der Väter, vor dem die Frommen im Staube sich demütigen, weil er in sich die Reinheit darstellt und nach ihr alles Menschenwerk auf Echtheit und Unrecht wägen und messen läßt, in dem Gott der Geschichte, der in Wort und Werk der Menschheit nahe ist, den Heiligen, vor dem Schein, Spiel und Tand der Geschichte zerstieben und die menschlichen Werke und Wertungen zerrinnen und das Blendwerk der Menschensprache zerfällt und versinkt. Der Prediger Salomonis, dieses tiefsinnige und doch so tiefgründige Buch, das wir auch auf dem Boden heidnischer Weisheit hätten verstehen können, wahrlich nicht ein Hoheslied der Skepsis, sondern ein ernstes Trauerlied von der Erde für die Erde, ist wohlbesehen ein Preis auf den heiligen Gott, der in der gewaltigen Reaktion seines allen Dingen Weise, Wert und Zahl bestimmenden Willens Großes mit dem Fluch der Eitelkeit belegt, weil es in sich und von ihm gelöst etwas sein will, so es doch nichts ist, und das Kleine machtvoll hervorhebt, damit es als Sein Gedanke bleibe und leuchte (Pred. 7, 30).

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 Wenn das Stäublein seinem Schöpfer sich naht, so bleibt es angesichts des Riesenbaues der Weltreiche, die, weil ohne Gott, in sich versinken. Heiligkeit ist es, die den Jüngling seiner Jugend froh sein läßt als eines Geschenks von Gott zu seiner Selbstoffenbarung und zur Erweckung des Verlangens nach ihm; aber es ist auch Heiligkeit, die um der vergeudeten Jugend willen zu Gericht fordert. Heiligkeit ist es, daß er auf den Lobgesängen Israels wohnt (Ps. 22, 4) und in jeder einzelnen Seele sich widerspiegeln will, die ihm stille hält, da nicht im Sturme die heilige Ruhe ihr Angesicht erscheinen läßt. Aber wiederum ist es Heiligkeit, die Völker und Menschen wie Fische im Meere gehen läßt, wie Gewürm, das keinen Herrn hat (Hab. 1, 14). Heiligkeit ist das Leben, welches um Leben wirbt, das ihm sich frei ergab, aber auch das Leben fordert, das ihm sich entzieht. Und so gewiß Gottes Egoismus das Leben der Welt ist, so gewiß ist die Selbstbehauptung Gottes Zorn und Liebe zumal, weil nur

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Hermann von Bezzel: Die Heiligkeit Gottes. Dörffling & Franke, Leipzig 1916, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Die_Heiligkeit_Gottes.pdf/13&oldid=- (Version vom 9.9.2016)