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 Raum und Zeit haben an sich und in sich knechtende und einengende Wirkung. Denn der Raum drängt in den Kreis der Sichtbarkeit all das, was von unsichtbaren Kräften und verborgenen Regungen zur Wirklichkeit gelangt und hinter ihr steht: sowohl das Gute und Wahre, dies mehr in andeutender und ahnen lassender Form, als das Ungute, das, weil es des Raumes bedarf, ihn auch ganz durchwalten will. Räumlichkeit ist für alles Gottgeborene Schranke, so gewiß auch das Endliche fähig ist, das Unendliche in sich ein- und durch sich aufzunehmen. Dem Göttlichen gefällt es, im Raume zu erscheinen so viel und so weit, daß dieser über sich hinauszuwachsen strebt und die Rastlosigkeit einsetzt, die erst in der Sabbatruhe eines Vollendungstages zum Frieden kommt. Während aber das Göttliche vom Raum, in den es sich ergibt, geknechtet wird, obgleich freien Willens, will das Ungöttliche mit dem Raume frei und herrisch schalten und aus den Grenzen des Irdischen zur Materialisierung des Geistigen und zur Entwertung des Geistlichen vorschreiten. Dem Bösen ist der Raum Lebensbedingung und darum die Erklärung und Erhebung des Raumes in das Bleibende – Leben. Je mehr das Böse Raum gewinnt, desto mehr gewinnt es feste Formen, während es in sich selbst Zersetzung und Vergänglichkeit haben müßte. Wenn der Feind als Herr des Raumes dem, der sich dem Erdenraum in Dienstbarkeit ergab, alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit (Matth. 4, 8) zeigte, so wollte er in dem Herzen dessen, der auf eine enge, arme Welt, die ihn um ihrer Beschränktheit willen ängstete, gesandt war, den Neid wecken, daß geräumige Weiten dem Bösen offenstehen, das sie beglänzt und verklärt, während das Kreuz des Gehorsams in Nacht und Einsamkeit steht, auf Eines gebaut und für Eines errichtet.

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Hermann von Bezzel: Die Heiligkeit Gottes. Dörffling & Franke, Leipzig 1916, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Die_Heiligkeit_Gottes.pdf/3&oldid=- (Version vom 9.9.2016)