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Ich habe vor dir gegeben die geöffnete Türe.“ (V. 8) Und nun soll die Gemeinde von Philadelphia der Menge nachschauen, die sie oft mißachtet hat. Jesus hat eine geöffnete Tür dieser Gemeinde gegeben, daß sie von weither kommen sollen und sehen, was er dieser Gemeinde beschert hat. „Ich weiß deine Werke.“ Ich weiß sie. Klein und unscheinbar, aber das Größte hast du erbracht in tätiger Liebe. Es war die Stetigkeit der Liebe, diese mit der mild glühenden Begeisterung verbundene Treue. Daß die Gemeinde immer wieder den Hoffnungsfaden spinnt, immer wieder nicht untersucht: wer hat gefehlt? sondern allzeit zum Vergeben bereit gewesen ist, das waren die Werke, mit denen die Gemeinde, ohne daß sie es recht wußte, diese arglose und absichtslose Liebe übte. Und Jesus hat die kleine Kraft wohl geehrt.

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 „Du hast eine kleine Kraft, aber du hast mein Wort gehalten und meinen Namen bewahrt.“ (V. 8b) Eine kleine Kraft, so meinten die Menschen, eine kleine Kraft, so meinte auch die Gemeinde. Aber weil sie das Wort behalten und den Namen Jesu Christi innerlich gehalten hatte, so lag auf dieser Gemeinde die Verklärung der inneren Ruhe. Es ist in ihrem ganzen Wesen nichts Stürmisches, nichts Tastendes, sondern es ist die erprobte Treue, diese Einfalt und Schlichtheit, daß sie allen neuen Versuchungen gegenüber das alte Evangelium, das alte Bibelwort, den alten Christum behauptet. Sie war, darf ich so sagen, vielleicht etwas aus der Mode gekommen. Es lag auf ihrem Wesen etwas Altertümliches. Wer aber ihr in die Augen blickte, der sah in ihren Augen das, was den Menschen nicht alt werden läßt. So wie vielleicht