Seite:Hermann von Bezzel - Die sieben Sendschreiben.pdf/27

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zu seinem Mahle einlädt, daß er für mich, von all seinen Jüngern verlassen, ihnen nicht mit gleichem Verlassen gelohnt hat: diese Begeisterung muß bleiben. Das ist die erste Liebe, dieser glühend ernste und doch so ewig junge Dank für seine Treue. Der Herr will sagen: Ich habe wider dich, daß du zu mir lediglich im Pflichtverhältnis stehst als ein treuer Tagelöhner und nicht mehr in kindlicher, ja brüderlicher Eintracht mit mir. Christus hat sich nicht Tagelöhner erkauft, sondern Tagelöhner erlöst. Christus hat sich nicht Arbeitssklaven erworben, sondern sie von der Sklaverei der Sünde freigemacht. Es ist das Christentum kein neues Gesetz; dazu hat es die römische Kirche gemacht. In dieser Kirche ist das Geheimnis der ersten Liebe nimmer vorhanden. Christentum ist brüderlicher Sinn in Dank und Treue. – Die erste Liebe! Man kann weit weniger von ihr reden, als über sie und um sie beten. Es ist der begeisterte und begeisternde Dank für alle seine Treue. Dieses Aufblühen eines bisher unbekannten Frühlings, da aus so viel Winterkälte und Winterstarre eine neue Blume leuchtet. So wie es im Hohenlied K. 2, 11 heißt: „Der Winter ist vergangen, der Regen ist weg, die Blumen sind hervorgekommen im Land, der Lenz ist herbeigekommen.“ O, daß es im Christenleben immer Frühling bleibe! Christus der Herr sieht alle Treue nur dann an, wenn hinter ihr und unter ihr die Begeisterung lebt. Er hat nie der Begeisterung gewehrt, denn sie hat etwas Beflügeltes und Beflügelndes. Es ist nicht wohlgetan, wenn sie in späteren Jahren weicht, sondern das sei des Christen Gebet, daß er, je näher er dem Ende kommt, desto begeisterter werde. Wo andere von