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den Frauen in der Gemeinde käme. Ich kann mich doch als evangelischer Christ nicht zu der Ansicht der Kirchenväter bekennen: „Das Weib ist immer die Pforte, durch welche der Teufel in die Gemeinde kommt.“[1] Aber das muß ich sagen: Wenn ein Mann nicht mehr die Kraft hat, den weiblichen Einflüssen zu begegnen, dann ist es Zeit, daß er geht. Aber wie das Weib tiefer fällt als der Mann, so steht es auch leicht höher. Ich habe Persönlichkeiten kennen gelernt, nicht bloß im Diakonissengewande, aber auch im Diakonissengewand, die kennen gelernt zu haben, ich zu den liebsten Erinnerungen meines Lebens zähle und die ich einst mit Freuden vor seinem Thron bezeichnen werde, von denen ich weiß, daß es ihnen ernst war, schlecht und recht vor dem Herrn zu wandeln, daß er ihnen Großes geschenkt hat, weil sie nichts sein wollten.

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 Wir wollen uns aber doch die Frage recht ans Herz legen lassen, ob wir nicht auch in unserem Wesen etwas von der Art haben, die hier geschildert wird. Das Weib Isebel bricht äußerlich und innerlich die Ehe, huldigt rauschenden, überschäumenden Vergnügungen, zerstört unter der Kanzel, was auf der Kanzel ausgebaut ward. Haben nicht auch manchmal unsere Frauen in den Gemeinden leicht ein weltförmiges Gepräge? Wie stehen sie zu den Vergnügungen der Welt, die an sich selbst nicht schlecht zu sein brauchen, aber hierher nicht passen? Das ist ein ernstes, schweres Kapitel. Da soll man wohl sich besinnen, ob man auch hier nicht helfen kann, durch ein barmherziges Wort jemand zum Rechten weisen. Es schickt sich doch manches nicht, was keine Sünde ist. Bei allen Zerstreuungen, bei allem Erlaubten ist die entscheidende Frage für

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Hier wird wohl eine Aussage Tertullians aufgenommen: „Das Weib ist die Einfallspforte des Teufels.“ Vgl. die Schrift De cultu feminarum I,1,1: Tu [gemeint ist Eva] es diaboli ianua.