Seite:Hermann von Bezzel - Die zehn Gebote.pdf/128

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Menschen in Glaubensgemeinschaft, in Lebens- und Liebesgemeinschaft, vor allem aber in Lebensgemeinschaft stehen, dann erwächst eine Ehe, über die alle Wetter und Wogen hinziehen können und sie wird nur um so fester, inniger, treuer; dann wird ein Christenhaus gebaut, das auf dem Fels gegenseitig gelobter und geliebter Treue gegründet ist. Aus einem solchen Elternhaus, wenn ihm Kinder beschert sind, erwächst die rechte Erziehung durch den Sinn. Wie kann man einen Menschen durch den Sinn erziehen? Das geschieht zunächst durch das Gebet. Wenn ich für einen Menschen bete, wenn ein Vater und eine Mutter eins geworden sind in dem, für das sie beten wollen, so umgibt das Kind, ehe es dies nur ahnt und weiß, ein solch stiller, wirkungsvoller Einfluß und es wird von solch geheimen Mächten tragender Liebe geführt und gestärkt, daß das Gemeine, Gewöhnliche und Unschöne an diesem Kinde vorüberziehen muß. Und wenn Vater und Mutter einander täglich, nicht mit Worten, sondern mit Schweigen, die hohe Verantwortung vorhalten, die solch teure Gottesgabe ihnen auferlegt, daß sie Hüter einer heiligen Seele sind, Wächter über ein geheimes, von Gott erwecktes Innenleben, daß sie für dieses Kind einst eine sauere Rechenschaft geben müssen, wenn Eltern so eines Sinnes geworden sind, dann wird das Kind von einer Verantwortlichkeit gehalten und von einer Zartheit des Gewissens umschirmt, daß es, ehe es dies weiß und dessen inne wird, von geheimen Kräften und starken Mächten getragen und gehoben ist.

Ach, daß die Erziehung mit dem Sinn und Geist und Herzen doch recht geschehen möchte! Daß der Vater in seinem Innern einen Heiligungskampf kämpfe, damit sein Kind daran gewinne, und die Mutter gegen ihre Unart und ihr Unrecht einen heiligen Kreuzzug antrete, damit das Kind die Frucht ihrer Heiligung erlebe, erkoste, und erfahre, wie sauer es der Mutter tagtäglich wird.