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dem Kinde, das eine Minute länger ausbleiben kann, als es die Eltern ihm erlaubten! Wehe den Eltern aber auch, die solch kleine Überschreitungen lächelnd übergehen. Es ist auch Autoritätspflege im Worte, wenn die Kinder keinen Makel auf ihre Eltern kommen lassen, sie verteidigen, Gutes von ihnen reden und alles zum Besten kehren. Es ist ein schauerlicher Zug, wenn die heranwachsenden Knaben und die heranreifenden Mädchen an ihren Eltern irgend einen Vorwurf haften lassen, statt daß sie vielmehr mit treuer Meinung und ernstem Worte all das verteidigen, was zu verteidigen, all das entschuldigen, was zu entschuldigen ist.

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 Und endlich: Autoritätspflege im Werke. Es muß das Kind seiner Eltern Wort und Befehl erfüllen. Je weniger die Eltern gebieten, desto mehr werden sie dem Kinde ein ungeschriebenes Gesetz, aber ein lebensvolles Gesetz. Jeder Blick der Eltern ist dem Kinde eine ganz bestimmte Weisung und die Frage: was wird mein Vater dazu sagen und wie wird meine Mutter davon denken? hat manches heranwachsende Kind vom Schlechten und Gemeinen mehr ferne gehalten als vielleicht die Rücksicht auf Gottes Gebot. In dieser Tatpflege der Autorität liegt die eigentliche Erfüllung des vierten Gebotes: „Daß wir unsere Eltern nicht verachten, noch erzürnen.“ Manches Verbot der Eltern erscheint den Kindern so unfaßlich, aber weil es das Recht der Autorität ist, erfüllt es das Gebot, welches es nicht begreift, und arbeitet so der großen Glaubenspflicht vor, die wir alle erfüllen müssen, wenn wir Wege gehen, die Gott uns führt, obgleich es uns ganz unfaßlich scheint und viele „Warum“ in uns aufsteigen möchten. Unsere Eltern nicht verachten, sondern jedes Wort von ihnen mit der gehorsamen und folgsamen Tat ehren, auch dann, wenn scheinbar ganz Gleichgültiges von den Eltern gleichsam als Probe ihrer Autorität uns auferlegt wird! Auch dann,