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seine Hütte gebaut und hat sie umfriedet, da wohnt und haust er, da will er leiden und da will er scheiden. Und du wirfst, ohne es zu achten, den Feuerbrand hart am Waldessaum nieder und gehst deines Weges weiter. Und in der Nacht glimmt das Feuer empor, und ehe der Morgen graut, liegt deines Bruders Ehre in Asche und sein Leben ist tödlich getroffen. – Ach, daß wir der Zungensünden, die gegen das 5. Gebot gehen, mehr eingedenk sein wollten! Luther sagt einmal: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst und hasse dich selbst wie deinen Nächsten. Daß wir doch das lernen möchten: Hasse dich selbst wie deinen Nächsten! Wie kräftig kannst du ihn hassen, wie hellauf kannst du dich über ihn entrüsten, wie scharf gegen ihn klagen, wie ist es dir – ich möchte sagen – ein Lebensbedürfnis, eine Bedingung zu deiner Gesundheit, seine Ehre zu zertrümmern und zu zerbrechen! Wie wäre es nun, wenn du dies an dir selber tätest? Da würdest du bald linder und barmherziger werden. Siehe, du mußt tadeln, ich weiß es, du mußt strafen, es ist dir befohlen. Da bitte ich dich: tadle scharf, bestimmt, klar; aber tadle einmal und dann schweige. Und vor allen Dingen, tadle nur, was du wirklich tadelnswert findest, damit die Seele deines Nächsten gerettet werde. Tadle nicht, was du anders wünschest; denn es ist damit noch nicht gesagt, daß das andere wirklich das Bessere wäre: und wer unter uns zu tadeln hat, der bitte Gott ums rechte Wort. Gar mancher ist mit einem bösen Worte fortgegangen; das hat sich dann nicht bloß zwischen ihn und dich, sondern zwischen ihn und seinen Gott, zwischen dich und deinen Gott gelegt. Du hast nicht mehr beten können, er hat nicht mehr beten mögen und du bist Mörder seines Lebens geworden. – Wie oft, wenn man später nachforscht: woher kommt diese Verstimmung, diese Bitterkeit? sieht man, sie kommt von einem Worte her, das dem anderen schwer auf die Seele fiel.

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 Und nicht wahr, bedenkt auch, daß der Ton das Wort