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 Was den Katechismus so heraushebt über alle andern Lehr- und Bekenntnisbücher, ist: man kann ihn beten.

 Wer sich für solche Fragen innerlich interessiert, der nehme die Zusammenstellung vom seligen Buchrucker (vor 20 Jahren in München verfaßt); er vergleicht die verschiedenen Katechismen der christlichen Kirche, den der katholischen Kirche, den von Peter Canisius, den der griechischen Kirche, den Heidelberger Katechismus von 1563, einen andern von 1551 mit dem lutherischen Katechismus. Wenn ihr diese Zusammenstellung durchblättert und näher studiert – für solche, die Zeit und Interesse dafür haben, eine werte, teure Arbeit – so werdet ihr sagen: unvergleichlich ist doch unser Buch, von dem der große Historiker Leop. von Ranke sagt: „Kindlich und doch so tiefsinnig; dem größten Gelehrten zu groß und dem ärmsten Kinde faßlich“ (Geschichte der Reform.).

 Das aber läßt uns wenigstens, die wir seit fast 40 Jahren an diesem Katechismus lehren und in ihm lernen und die wir jetzt in unsern höhern Jahren wieder zu ihm zurückkehren wie Kinder, das läßt uns so fest an ihm halten und so tiefes Gefallen an ihm finden, daß man ihn beten kann.

 An wie vielen Krankenbetten habe ich, besonders wenn ich einfache Katechismusleute vor mir hatte, beten können und beten dürfen – ich lege besonderen Ton auf das Wort „dürfen“: „Ich glaube, daß Jesus Christus sei mein Herr usw. usw.“ Und immer wieder habe ich dann bei den Kranken gemerkt, wie das in der Jugend Gelernte und im späteren Leben vielleicht Verschüttete hervorbrach, wie der Quell, der eine Zeitlang im Verborgenen schleicht. Es waren die Klänge der Jugend, es war die Zeit der ersten Liebe.

 Und wenn es zum Sterben ging, habe ich manchmal statt der Sterbelitanei mit ihren großen, majestätischen Worten, gebetet: daß dich der Vater im Himmel von allerlei Übel Leibes und der Seele erlöse und jetzt, weil dein Stündlein und dein Ende naht, dir ein seliges Stündlein