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du denn, daß Gott dich aufnimmt, wenn du früher kommst, als Er dich will? Glaubst du, daß die Wohnung für dich bereit ist, wenn du sie erstürmst, statt daß du sie erbatest? O, schont eures Leibes Leben, haltet es in Acht und Zucht! Denkt auch an die vielen Leben um euch mit all ihren Leiden und ihrer Not!

 Betet, tröstet und helft! Und fragt nicht: ist er es wert? Ist sie es würdig? Sondern des eingedenk, daß Er euch soviel Liebe erzeigt, deren ihr nicht würdig seid, hebt und tragt, pflegt und schützt! Und Gott wird euch segnen.

 Am nächsten Sonntag, dem Sonntag Jubilate, hat der Heiland in seelsorgerlicher Weisheit und Feinheit einen Vorgang des Leibeslebens ganz nahe an einen Vorgang des geheimnisvollen geistlichen Lebens gereiht. Er spricht von dem armen Weibe, das trauert, wenn die schwere Stunde, die ein neues Leben zutage führen soll, ihm naht, und von der Freude, die alles Weh und alle Schmerzen vergessen läßt, wenn nun der Mensch zur Welt geboren ist. Und von diesem Bilde ausgehend zeigt Er, welch ein Weh es ist, bis in unserm Leben das neue Wesen und der neue Tag heraufgekommen ist, wie man aber an diesem Tage, der ein wiedergeborenes Gotteskind begrüßt, all der Angst und des Leides nimmermehr gedenkt. Wenn euer Herr und Heiland höchstes Lebensgeheimnis an geheimnisvolle Vorgänge des leiblichen Lebens anreiht, dann denkt auch nicht mehr gering von ihm und dem Leben des Nächsten, sondern helft und fördert in allen Leibesnöten. Und der, der in eure Wunden Öl und Wein gegossen und in die Herberge euch gebracht hat, der segne alle wahre Barmherzigkeit gegen den Leib, weil durch solches Erbarmen die Seele genest und froh wird.

Amen.