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Mannesehre zu fragen: wie steht es mit deinem vergangenen Leben? Es ist ein trauriges, ein höllisches, ein schnödes Vorrecht, daß man den Männern das gemeine Vorleben nachsieht, während man bei dem weiblichen Teile das schärfste Urteil fällt. Ein rechter Mann schämt sich, solche Bevorrechtung zu genießen, daß man ihm seine stürmische, unreine, unrechte, Blüten knickende Vergangenheit nachsieht, damit er irgend einem weiblichen Wesen eine leidliche Gegenwart sichere. Und wenn jemand bei sich denkt: wie könnte doch eine Jungfrau einen Mann nach seinem Vorleben fragen, wie unfein wäre das, da zerstörte man doch allen Idealismus, raube alle Poesie! O glaubt, eine reine Jungfrau fühlt es instinktiv und innerlich, ob der Mann, der ihr sich naht, ein reines Herz, ein unbeflecktes Gewissen und reines Leibesleben ihr darbietet, oder ob sein Wesen durch Stürme der Sinne und der Sünde gezeichnet ist. Wenn eine Jungfrau das nicht spürt, ist sie entweder nicht im Gebete oder steht nimmer in der Reinheit ihres Sinnes oder sie ist allzusehr der Ehe verlangend. Seht, Geliebte, das sind Winke, die das sechste Gebot den Brautleuten darbietet: wie steht ihr zu Gott? Wie steht ihr zur Kirche? Wie steht ihr zu euerem sittlichen Leben? Und endlich: wie steht ihr zur Einwilligung und Zustimmung euerer Eltern? Manche unter euch werden sagen: ja, wer mag da ehelich werden? Und ich sage: wenn diese vier Bedingungen nicht erfüllt werden, dann kann Gottes Erbarmen wohl eine Ehe noch durch gegenseitigen Kampf der Heiligung segnen. Aber „da ich’s wollte verschweigen, verschmachtete mein Gebein und erstarb das Glück“. Wenn der Mann im Laufe der Ehe nicht den Mut hat das zu beichten, was er vor der Ehe schon hätte sagen müssen, so wird die Ehe am Innersten kranken.

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 Unter Anrufung des heiligen Geistes, des Geistes