Seite:Hermann von Bezzel - Die zehn Gebote.pdf/193

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gegenseitigen kleinen Mißverständnisse mit Vergebung trug, dann ist die Ehe ein Stück Himmel auf Erden. Einer trägt des andern Last, niemand frägt, welche Last schwerer und größer ist. Jeder trägt des andern Last; hinter diesem sich gegenseitig tragen, verstehen, erkennen, lieben, erleiden wollen, steht segnend der, der die Last seiner Gemeinde, der bräutlichen Gemeinde, auf sich genommen und bis auf diese Stunde trägt, der heilige Hohepriester, der seine Gemeinde an sein heiliges Herz, auf seine heiligen Schultern genommen und damit gebeut: So werdet ihr das Gebot Christi erfüllen. Solche Ehen, in denen der Morgensegen gesprochen wird: wir wollen füreinander hoffen! und der Abendsegen lautet: wir wollen füreinander beten! wo der Tag mit seiner Arbeit beginnt, indem einer seine Hand in die des andern legt und spricht: mit dir will ich vereint durchs Leben gehen, solche Ehen haben die rechte Weihe. Einer freut sich über und mit dem andern, da geteilte Freude doppelte Freude ist; wie einer mit dem andern leidet, eingedenk dessen, daß geteiltes Leid halber Schmerz ist. Solche Ehen, da der weibliche Teil dem Manne die Sorgenfurchen auf der Stirne glättet und der Mann die strauchelnde Schwachheit der Frau starkmutig trägt, solche Ehen sind das Abbild priesterlicher Majestät und königlicher Treue; solche Ehen gefallen Gott wohl. O, daß wir beten wollten: Gott gebe und schenke unserer armen Kirche solche Ehen, durch die sie recht gebaut und zwei Menschen – o nicht nur zwei Menschen – für das Himmelreich erzogen werden! Aller Dinge Besitz wird durch das Ende bewertet. Der Ausgang einer Sache zeigt, ob die Sache selbst von Gott war. Wenn man sich in der Ehe zum letzten Mal die Hand reicht, wenn es zum Scheiden geht, der Ehemann hergibt, was seines Herzens Freud’ und Wonne, die Ehefrau opfern muß, was ihres Lebens Stütze und Stolz war; wenn man es merkt, nun ist die Wallfahrt