Seite:Hermann von Bezzel - Die zehn Gebote.pdf/199

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

dann beiderseits eine schwere Last sind; aber hier hilft Christus. Den Fehler der Eigenart vergibt Er und die Kraft, einander zu verstehen, schenkt Er, und schließlich wird aus einer solchen schweren Ehe eine selige Ehe. Es gibt Ehen, die, wie der Volksmund sagt, im Himmel geschlossen sind und in der Hölle enden: man genießt sich, man meidet sich, man vergißt sich und man verachtet sich. Der flüchtige Rausch geht vorüber und wenn der Ernst kommt, die gemeinsame Arbeit an einander, weicht man ihm aus. Es gibt Ehen, da Einer des Andern Sprache nicht mehr versteht und Einer den Andern nicht mehr tragen will. Diese Ehen führen nie in die Heimat, sondern von der Heimat weg. Aber laßt mich damit schließen, daß ich die Bitte der vorigen Betrachtung wiederhole: betet mehr für den christlichen Hausstand! Man sagt, – obwohl man so etwas nicht beweisen kann – daß über achtzig Prozent unglücklicher Ehen vorhanden seien. Man sagt es. Aber auch wenn es viel weniger wären, betet für den christlichen Hausstand! Glaubt es mir, wenn die Fürbitte nicht mehr nachgeht und das Gebet nicht mehr eingeht, dann wird das Füreinander der christlichen Ehe, da man sich verspricht: mein Herz – dein Herz – ein Herz! zuerst ein ödes, schweres Nebeneinander, dann ein leidenschaftliches Widereinander, und schließlich ein kümmerliches Ohneeinander; man vergißt, wieviel man einander schuldet. Aber es wäre töricht und dem Willen des Herrn nicht angemessen, wenn wir das sechste Gebot nur auf das Leben der zur Ehe wollenden oder der in der Ehe befindlichen Menschen beschränken würden. Das sechste Gebot bezieht sich auch auf uns, die wir nicht im Stande der Ehe uns befinden. Unser Katechismus sagt: Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir keusch und züchtig leben in Worten und Werken. Es sind drei Bitten, die ich an euch richte: Heiliget euere Phantasie! Nehmet in Zucht