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mit deiner Zeit? Du weißt doch, sie ist dir gegeben, damit du sie ausnützest, auskaufest. Du sollst deinen Fleiß hergeben und deine Kraft aufwenden und deine Gabe daran wagen, damit du das dir geliehene Gut der Zeit dir zu eigen machst und endlich zeitfrei wirst. Denkst du daran, was ein Mensch in einer Stunde tun, was diese Stunde ihm sein und was die Stunde gegen ihn zeugen kann? Denkst du daran, wieviel eine kurze Stunde Kapital für die Ewigkeit bedeutet, Kapital an Heimatsrecht oder Kapital an Ewigkeitsverlust? Aber die meisten Leute werfen die Zeit von sich und stehlen ihrem Gott das Höchste, was Er ihnen gab, und bringen sich um ein seliges Gut. Was hast du in der letztvergangenen Stunde, ehe du hier eintratest, mit deiner Zeit gemacht? Hast du sie vergeudet, vertändelt, verträumt? Oder hast du dich auf sein Wort gerüstet? Hast du deiner Seele einen guten Rat gegeben? Und was wirst du mit der Stunde hernach tun? Fleißig sein, um einen vielleicht gewonnenen Ewigkeitsgedanken möglichst rasch wieder aus deinem Herzen auszuscheiden? Eilig sein, um einen dir vielleicht von Gott gebotenen Eindruck recht schnell unschädlich zu machen, damit du nicht von schweren Gedanken gequält wirst? Oder willst du in der kommenden Stunde ein wenig allein sein und dir überlegen, ob du deine Zeit nicht fortan besser als bisher brauchen könntest? Bitte den Herrn: lehre mich meine Tage zählen, damit ich ein kluges Herz bekomme und nicht unklug dahinträume, dahinfahre, dahinfalle!

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 Ach, wenn wir das siebente Gebot: du sollst nicht stehlen! bedenken, denken wir alle an die vielen Hunderte, welche eben das Gebot leichthin übertreten. Wie Luther im großen Katechismus sagt: Wenn man alle Diebe hängen wollte, gäbe es nicht genug Bäume. Oder in einer Predigt vom Jahre 1525 sagt er: Man müßte alle Gürtel und Bänder zu Stricken machen, wenn man alle Diebe wollte