Seite:Hermann von Bezzel - Die zehn Gebote.pdf/212

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aufknüpfen. Wenn du das siebente Gebot liesest, denkst du an alle die großen Verbrecher gegen Geld und Gut, an die Räuber, an die falschen Händler, an die Wucherer, an die Diebe, an die Betrüger, an die Unrechten Maklereien u. dgl. Denkst du auch daran, daß du selbst das siebente Gebot übertrittst, indem du deinem Gott, dir und deinem Nächsten die Zeit abstiehlst? Es ist merkwürdig, wie schwer die Zeit dem Menschen entgeht, der sie nicht brauchen kann, und wie schnell sie dem enteilt, der sie recht braucht. Jeden Morgen leiht dir dein Gott 24 Stunden und ruft dir zu: handle damit, bis Ich wiederkomme! Und du kannst nun am andern Morgen ihm die 24 Stunden mit reichen Zinsen zurückgeben: in dieser Stunde habe ich dieser und jener Seele ein gutes Wort sagen dürfen; in der Stunde habe ich mich selbst schmücken können Dir entgegen; in dieser Stunde habe ich mich Deiner Armen annehmen und meiner häuslichen Pflichten warten können; in dieser Stunde habe ich mit meinem alten Menschen einen Kampf ritterlich aus Gnade und Erbarmen des heiligen Geistes durchgekämpft und gewonnen. Und so ist der Tag, der so leer mir vertraut ward, reich verzinst und wohl ausgenützt. Denn das Höchste bleibt es doch: zeitfrei werden! Daran kannst du erkennen, o Christ, ob du recht mit der Zeit umgehen kannst, daß du nicht mehr von ihr abhängig bist. Daran erkennst du auch jeden Menschen, der nicht mit der Zeit hauszuhalten weiß, wenn er immer nur eines kann und immer nur auf eines bedacht ist, nur von einem beherrscht und hingenommen ist, während der Mensch, der die Zeit zu meistern versteht, für jede Minute das ist, was die Minute von ihm verlangt. Wenn nur das eine heute gewonnen werden mag, und der heilige Geist kann es schaffen, daß diejenigen unter euch, die viel angelaufen werden und mancherlei Pflichten haben – und ihr habt alle weit mehr Pflichten, als ihr meint –, immer in jeder Minute das wären, was die Minute