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Jahren hatte der Tag so viele Stunden und jetzt hat er nur noch so wenig! Vor zwanzig Jahren hatte jede Stunde sechzig vollwertige Minuten, jetzt ist eine Stunde im Flug vorbei! Weil es jetzt abwärts-, talwärts-, dem Grabe zugeht, darum hastet die Zeit. Es geht dem Meere entgegen, da läuft der Strom in Eile. Wir kehren heim, der Herr wartet unser, da wird der Tag gar kurz. Du sollst nicht stehlen, deinem Gott nicht den Tag abstehlen, sondern ihn bitten, daß Er dich lehre die Zeit ausfüllen. O, nur nicht müßig gehen, meine Christen, nicht müßig gehen! Geschäftigkeit ist noch nicht Arbeit; vieles Hin- und Hergehen ist noch nicht Fleiß; hunderterlei beginnen ist noch nicht Treue. Es gibt auch Menschen, die den Tag über vielerlei arbeiten und am Abend war es nichts. Suche nie die Pflicht, sondern laß die Pflicht dich suchen; mache dir nie Arbeit, laß dir die Arbeit von Menschen geben und schenken! Durch Menschen wendet sich Gott an dich. Nimm die kleinste Arbeit wie eine Hauptsache vor, das unscheinbarste Geschäft als einen großen Ernst! Laß dir die kleinste Sorge sehr am Herzen liegen und am Abend kommt die Freude: Gottlob, ein reicher Tag ist wieder vollbracht!

 Und nun fragen wir, wie stehen wir zum irdischen Gute überhaupt, zu allerlei Geld und Gut, das Gott gibt? Überschätze es nicht! Unterschätze es nicht! Schätze es recht!

 Überschätze es nicht! „Denn Geiz ist die Wurzel alles Übels, welches hat etliche gelüstet und sind vom Glauben irre gegangen und machen ihnen selbst viele Schmerzen“, oder wie der 39. Psalm sagt: Und machen sich viel vergebliche Unruhe. Es ist etwas Furchtbares um die Geldsucht. Der Mensch wendet sich dadurch vom Leben. Der gegen das sechste Gebot sündigt, hat noch mit dem Leben Berührung, er sucht doch noch Fühlung mit Persönlichkeiten. Und der gegen das fünfte Gebot fehlt, hat doch noch Lebensbeziehungen