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er geht gegen das Leben, er trotzt dem Leben. Aber der das siebente Gebot übertritt, indem er Geld und Gut an sich rafft, indem er durch allerlei unrechtes Wesen und durch übersorgliche Art Schätze zusammenrafft und aufhäuft, der hat ja an das tote Metall sich verkauft. Es ist merkwürdig, die Sünde gegen das sechste Gebot brennt den Menschen aus und die gegen das siebente trocknet und dorrt die Seele aus. Wenn ein Ackerboden verbrannt ist, mag der Regen ihn noch einmal verneuern und der Frühling ihn noch einmal begrünen, es kann wieder gut werden. Wenn aber der Acker zum Felsgestein erstarrte und die letzten Keime in ihm vertrocknet und erstorben sind, dann zieht der Frühling über ihn hinweg und die laue Luft weht über den Fels: er bleibt starr und tot; denn das Leben ist erstorben. Ach, nur nicht Überschätzung des Erdengutes! Es ist, als ob der Feind hinter den Münzen, hinter den äußeren Besitztümern, hinter Schmuck, hinter allerlei geliebtem Bildwerk, hinter all den Kleidern stünde und uns die Ewigkeit mit einem Flor bedeckte, so daß wir sie nicht mehr erkennen und begehren. Es ist eine Kunst des Feindes, daß er das Bleibende als unnütz und das Unnütze als bleibend erklärt, die Ewigkeit immer mehr in Begriffe, in Nebel, in Streifen der Wolken auflöst. Ob jemand sein Herz an große Güter oder an etliche kleine Münzen, an einen reichen Besitz oder an ein armes Gut, an großes Land oder an eine geringe Hufe hängt, es ist immer Überschätzung des Erdengutes, etwas Furchtbares, weil es den Menschen an die Erde knechtet, in der und mit der er vergeht. Ich werde es nie vergessen, wie ich am Sterbebette eines ganz verarmten Menschen gestanden bin, der die letzten Jahre sich damit vergnügte, allerlei Bilder, Ausschnitte aus Zeitungen aufzukleben. Und in seiner Todesstunde hat er nicht nach dem Trost des göttlichen Wortes, sondern nach diesem armseligen Buche verlangt, das etliche Pfennige wert war.