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Lohne. Lieber Christ, bedenke, es ist auch Diebstahl, wenn du dem Nächsten sein Geld oder Gut vorenthältst. Gib gern, gib rasch, gib freudig, und wenn die Arbeit dir wohl gefällt, gib mehr, als dafür gefordert wird. Es sind einige Pfennige, es ist ein gutes Wort, und die sollen dich nicht reuen! Denn du kannst damit Sonnenschein in eines Menschen Herz und in eines Arbeiters Hütte bringen. – Und wenn Arbeitnehmer hier unter den Anwesenden sind, mögen sie wissen, was der große Katechismus in der Auslegung des siebenten Gebotes sagt: Du kannst immer ehrlich dastehen und doch deiner Herrschaft der Gulden 30 oder 40 jährlich nehmen, indem du verwahrlosest, Schaden geschehen lässest, indem du auf das Besitztum deiner Herrschaft nicht gebührend acht gibst. Wie viele Veruntreuung geschieht auch von ernsten Leuten, die doch nicht sorgsam mit fremdem Gute umgehen, die die übrigen Brocken nicht sammeln, die da leichtfertig mit dem Anvertrauten und wegwerfend mit dem ihnen Befohlenen umgehen. Das ist alles Diebstahl!

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 Die heilige Schrift sieht tief und weiß: je mehr der Mensch sich mit dem äußerlichen und vergänglichen Gut einläßt, desto ferner wird er von dem ewigen. Es ist merkwürdig: die Liebe zum Kreatürlichen kann die allergrößte Abneigung gegen den Schöpfer erwecken. Je mehr du dich an eine Gabe hängst, ohne ihres Gebers zu gedenken, desto mehr lösest du die Gabe von ihrem Herrn und dich mit ihr von ihm. Es ist ja bei Menschen schon so. Wenn du dich an einen Menschen recht anklammerst ohne zu denken, daß in ihm dir ein Gottesgedanke entgegentritt, so wirst du immer ferner von Gott kommen und schließlich auch dieses Menschen überdrüssig werden. Alles, was Leidenschaft heißt, gebiert nicht Liebe, sondern Abneigung. Alles, was Leidenschaft heißt, erweckt einen Sturm und nach dem Sturm die große, öde Ruhe. Ihr habt wohl bemerkt, wenn