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man an einen Menschen sich leidenschaftlich hält, wird der Mensch allmählich zur Last, er lähmt die Arbeitsfreude, er stört den Gebetsernst, er hält den Heiligungslauf auf, und aus der Leidenschaft wird schließlich schwere Feindschaft. Und wenn dies erst in der Sterbestunde wäre: dieser Mensch hat sich zwischen mich und meinen Gott gedrängt; nun muß ich ihn lassen und Gott habe ich verloren. Noch weit mehr aber ist der Mensch gefährdet, der an äußeres Gut sein Herz hängt: an Ehre, Reichtum, Einfluß, Geld und Gut. Er wird immer ärmer, seine Gedankenwelt wird immer kleiner, sein Gesichtskreis wird immer eingeschränkter: du Narr, heute Nacht wird man deine Seele von dir fordern.

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 Wie werde ich denn frei von der Lust an Geld und Gut? Indem ich, sagt der Katechismus, meines Nächsten Geld und Gut bewahre und behüte, indem ich, wie der lateinische Text sagt: dazu beitrage, daß sein Hab und Gut sich mehre. Gemeinde Jesu, je weniger du auf irdischen Besitz ausgehst, desto reicher füllt dir der Herr Hände und Haus. Wie es im 19. Kapitel der Sprüche Salomonis heißt: wer dem Armen leiht, der leiht dem Herrn. Indem du dich nicht an Geld und Gut hängst, nur so viel besitzen mögest, daß du Elend lindern und eigener Sorge quitt wirst, wirst du reicher, je mehr du gibst. Ich greife wieder aus dem Leben heraus. Soll ich jedem etwas geben, der mich bittet? Doch, zweifellos. Nachdem ich täglich so viel Sonnenstrahlen habe, deren keinen ich wert bin, und so viel Gnadenregen über mein Haupt niedergeht, dessen ich keinen Tropfen verdiene, nachdem ich täglich überschwänglich viel Gut über Bitten, Verstehen und Verdienst empfange, will ich auch geben ohne Wahl, ohne Besinnen und Prüfung. Ich weiß wohl, man sagt uns, man ziehe dadurch nur die Liederlichkeit groß, man mehre dadurch nur die Faulheit und wie die ähnlichen tugendhaften Sprüche heißen. Aber hinter diesen Tugendsprüchen stehen selten