Seite:Hermann von Bezzel - Die zehn Gebote.pdf/230

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

hast du ihn betrogen, doch dies alles hat Er dir gegeben! Darum gib auch du wahllos, wunschlos, gib unbeschränkt und gib jedermann, auch dem, dem du nachweisen kannst, daß er dich oft betrog, und wenn es nur darum wäre, daß ihm feuerige Kohlen aufs Haupt und ins Herz brennen, und wenn es nur darum wäre, daß er etwas von der überschwänglichen Gnade Gottes verspürt und erfährt! Ich rede dem leichtfertigen und gedankenlosen Geben das Wort nicht. Wer will und soll dich daran hindern, daß du deine Gabe mit einem guten Worte begleitest? Daß du dem Bettler noch einen Gruß auf den Weg mitgibst, wer soll’s wehren? Laß dir seine Geschichte erzählen, du hast Zeit dafür! Wenn dir ein lieber Mensch seine Geschichte erzählt, hast du viel Zeit; o habe auch Zeit für ein armes Weib, das dich in seiner Not angeht, für einen unguten, unreinen Menschen, der seine Not dir klagen möchte! O gib, habe Zeit, mache dich los von irdischem Gut und Geld, damit einmal an deinem Grabe etliche stehen und um Aufnahme in die ewigen Hütten für dich bitten und damit, wenn du einmal heimkehrst, etliche, deren Namen du nie kanntest und deren Anblick du ganz vergaßest, vor deinen himmlischen Vater treten und sagen können: dieser Mensch hat Zeit für mich gehabt, ein gutes Wort, als niemand mehr mich kannte und liebte, eine Gabe, als jedermann sich mir versagte, einen freundlichen Blick, der mich bis in die letzte Stunde wie ein Strahl göttlicher Leutseligkeit verfolgte. Ich höre dich klagen, dich Einsamen, über ein inhaltsloses Leben. Weißt du nicht, daß diese Klage eine Anklage ist? Nicht das Leben ist inhaltslos, sondern du hast ihm keinen Inhalt gegeben. Du warst der Zeit gegenüber zu träge und dem Anlaß gegenüber zu öd und langweilig. O, liebe Christen! Gut und Nahrung bessern und behüten helfen, ist ein großes, ein rechtes Ding. Und so wollen wir das siebente Gebot erfüllen nicht nur,