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den Kampf gegen die Zungensünden uns begeben! Ärgert dich dein rechtes Auge, reiß es aus und tue es von dir, und wenn es dein Liebstes ist; es ist besser blind daheim, als sehend in der Fremde! Ärgert dich deine rechte Hand, die schaffensfreudige, haue sie ab; besser ein Lazarus in Abrahams Schoß, als ein reicher Mann ferne von Gott! Und wenn deine Zunge dich ärgert, die zum Halleluja Gottes bestimmt ist, tue sie von dir, laß sie heiligen und reinigen, damit deine Worte dich nicht einst verklagen! Siehe, so ernst wacht der treue Gott über der Ehre des Nächsten und alle dem, was sie zerstört und gefährdet. Willst du nicht um dreierlei bitten: gib mir ein kurzes Wort, ein echtes Wort, ein lindes Wort? Gib mir ein kurzes Wort, daß ich schlicht rede, nicht schmücke, nicht ausmale, nicht übertreibe und nicht unterbiete! Gib mir ein echtes Wort: das Ja sei Ja, das Nein sei wahr, was ich meine sei deutlich, was ich rede sei reinlich, was ich urteile sei ganz mit meiner Persönlichkeit verbunden! Aber über alles gib mir ein lindes Wort. So gewiß ich einmal wünsche, das linde Wort zu hören: „Dir sind deine Sünden vergeben!“, so gewiß schenke Du mir das entschuldigende, das Gutes redende und alles zum Besten kehrende Wort, das nichts verschönert, wo nichts zu verschönern ist, wohl aber zudeckt, weil viel zu verbergen ist, ein Wort, das den Nächsten aufrichtet, indem es ihn straft, und ermutigt, indem es ihn zerbricht, und hilf, daß nicht einmal am Ende ein furchtbares Geschwader gegen mich zu Felde ziehe und mir den Eingang zur Heimat verwehre und dies Geschwader sind meine Worte, meine Urteile, meine Lieblosigkeiten und meine Bitterkeiten.

 O, wie weit, wie gar groß ist das Feld, darauf Er mich gestellt hat, das Feld der Worte und das Feld ihrer Fehler: „Führe Du die Sache meiner Seele und erlöse mein Leben!“

Amen.