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und deiner Sachen, was kann dein Feind, der Mensch, groß machen?“ Wenn nur Er dich kennt und weiß, wie du es meinst und in all deiner Torheit doch von deiner Liebe zu ihm überzeugt ist, dann mögen dich Menschen noch so falsch beurteilen. Mein Trost ist bei Gott, der den frommen Herzen hilft. Wenn aber, und das ist das Gewöhnlichere, du für besser gehalten wirst, als du bist, dann bitte Gott, daß Er allen Heuchelschein bei dir tilge und daß Er dich lieber unliebenswert, unangenehm, fernend, zurückstoßend, entfremdend mache und echt, als daß du anziehest und deine Seele schädigst. Gerade dem weiblichen Geschlechte – ihr verzeiht – liegt die Gefahr so nahe, weil es nicht durch große Taten wirken soll, durch kleine Wirksamkeit sich zu zeigen. Und so entstehen die falschen Bilder und die unklaren Züge und die fremden Physiognomien, und der Feind aller Echtheit und Lauterkeit, der Freund und Schutzherr alles Scheines und Betruges steht dabei und freut sich hoch über der Armen gleißnerische Art; denn er weiß: wer hier im Scheine lebt, soll ihm und seiner Wirklichkeit gehören.

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 Wie, ist dein Gottesdienst und dein Heiligungsleben wirklich echt? Oder hast du die Maske der Frömmigkeit durch die Jahre geborgt und getragen? Wie steht es mit deinem Gebetsleben? Ist es nicht also, daß die Hände zwar Esaus Hände sind, aber die Stimme ist Jakobs Stimme? Also, daß du dich äußerlich anders gibst, als du innerlich bist! Und die andere Heuchelei, daß ein Mensch aus Ehrgeiz immer vor anderen besser erscheinen will, als im eigenen Hause: in den vier Mauern ungebunden, ungeheiligt, rasch mit dem Worte, hart, unfreundlich, ungütig und sobald man über die Schwelle des Hauses tritt, voll Leutseligkeit, Milde und Freundlichkeit; den Nächsten gegenüber, an denen man am schwersten trägt und die man doch am liebsten haben soll, voll Untugenden, es nicht der Mühe für wert haltend, sich zu verstellen; bei Fremden aber voll heiligen