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Nächsten Weib! steht unter dieser ehernen Pforte und leuchtet und dröhnt hinein in die Welthauptstadt mit dem unbeugsamen Ernste des göttlichen Gebotes.

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 Wenn schon die Ehebrüche und Eheirrungen, die offenbar sind und ungescheut an das Licht des Tages kommen, gen Himmel schreien und unser Volk an der Zerstörung des Familienlebens und der Vernichtung des Familiensinnes langsam, aber gewiß verbluten lassen, was soll man erst über den Lustgedanken sagen, mit dem der Mensch in die Rechte seines Freundes, Verwandten oder Nächsten eingreift, wenn er durch begehrliche Blicke, durch ungute Zeichen und durch schmeichelnde Rede die Treue der Ehe verwundet und sie auf den Tod zu verletzen sich anschickt. Wie viele innere Zwistigkeit, wenn sie auch nicht zu äußerem Bruch gedeiht, rührt aus der Begehrlichkeit her, die vielleicht der Gatte selbst zu sich eingeladen und an seinen Tisch und in sein Haus hereingezogen hat, und die zum Dank dafür das Glück vernichtet! Du sollst dich nicht lassen gelüsten deines nächsten Weib! Es ist für uns Männer eigentlich ein schwerer Vorwurf, daß der Gott, der in das Verborgene sieht, nicht auch sagt: du sollst dich nicht lassen gelüsten anderer Ehegatten, als ob das weibliche Geschlecht vor dieser Gefahr der Untreue, der innerlichen Untreue, mehr geschützt sei als die Männer. Es ist ja auch an dem, daß der Mann weit weniger Mauern zu überschreiten und weit weniger Schranken zu durchbrechen hat, als die weibliche Seele, welcher der Herr so viele Schutzwälle eben durch ihre Schwachheit und Abhängigkeit zu teil hat werden lassen. Wenn ein Mann fällt, ist es ein schweres Leid; wenn aber eine Frau fällt, geht es weit tiefer; denn der Herr hat sie mehr noch umhegt und geschützt, beschirmt und geheiligt. Selbst der roheste Mann tritt vor einem Weib, das in Zucht und Furcht sich heiligt, scheu zurück. Und wiederum, selbst der roheste Mann tritt vor dem Weib, das