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haben könnten, erweckt und anregt, hat man das Gebot Gottes übertreten. Ja, was soll ich denn, wenn jemand recht in Not ist, wenn die Dienstboten ihn verlassen, wenn er schlecht beraten ist, ihm für Weisung geben? Ich weiß wieder kein anderes Mittel als nur das Gebet, das Gebet der vierten Bitte: fromm Gesinde als ein großes, edles Gut. Wenn du Neid spürst, weil das Haus deines Nächsten so gut versehen ist, so kannst du seiner nicht Herr werden, als bis du anhältst, sagt unsere Auslegung, daß das Gesinde bleibt; als bis du ihm recht den Mut stärkst, weiter Treue zu halten und als bis du dir selber die Sünde vom Herzen sagst. Manchmal werden treue Freundinnen durch Dienstboten entzweit, die eine spürt die Mißgunst der anderen in Bezug auf ihre Magd. Die Sünde wird jene nicht los, als bis sie frei zur Freundin sagt: dein Glück mit deinen Dienstboten ist mir eine Anfechtung. Wie ich euch nicht oft genug das gute Wort des Augustinus sagen kann: Sobald das Bekenntnis auf den Lippen ist, heilt die Wunde im Herzen. Wenn ihr irgendeine Verstimmung habt, eine böse Lust der Schmähung, der scharfen Kritik, des Urteils, des Neides, der Scheelsucht, der Verkleinerungssucht – welch eine Weisheit liegt in unserer deutschen Sprache, daß sie hier das Wort Sucht, Krankheit, benützt –, wenn ihr solch Böses in euch habt, so sprecht es heraus und zwar dem heraus, gegen den ihr es empfindet. Über das Kapitel der Versöhnlichkeit hat uns das Evangelium des letzten Sonntags gepredigt und wird uns das des kommenden Sonntags predigen. Es gibt kein anderes Versöhnungsmittel, als daß man sich das Bittere vom Herzen redet, auch auf die Gefahr hin, daß man falsch verstanden, mißkannt und mißdeutet wird. Was liegt mir an dem falschen Schein, wenn ich in die reine und reinigende Gewalt der Wahrheit mich geflüchtet habe? Und was liegt mir am Urteil eines, wenn auch noch so geliebten Menschen, wenn ich mich in der Liebe