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sagen müßte: was so ein Opfer gekostet hat, kann keine Kinderkrankheit, nichts Erlerntes und Erlernbares, nicht ein vorüberziehender Schatten, sondern muß eine Tatsache sein. Ein alter Vater, Melanchthon, sagt: Ein Wunder und Kranker erklärt nicht seine Wunden weg, um sie zu heilen, weiß auch, daß seine Wunden nicht bloß eine Verneinung der Gesundheit sind, sondern er weiß, daß seine Wunden schmerzen, und nennt den Schmerz Schaden und den Schaden nennt er Leid. Wenn dich deine Sünden schmerzen, helfen dir alle Erklärungen nichts und alle Beschönigungen genügen dir keinesfalls und deine Seele will wenigstens das hören, daß es positive Sünde sei. Und jetzt wirst du sagen: Sünde ist willentliche Trennung vom Lebensquell, Bevorzugung der Hölle vor der Heimat und der Heimatsferne vor dem Heimatsfrieden; Sünde ist ganz bewußte Abkehr von dem Gott des Lebens, der Gedanken des Friedens über uns hat, Sünde ist fortgesetzter Selbstmord des an sie gebundenen Menschen, bis dieser Mensch an der Verhinderung der täglichen Lebensnahrung verkümmert, hinsiecht und stirbt.

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 Tausend Lebensbedingungen hat der lebendige Gott in dein Leben gelegt und tausend verneinst du. Tausend Fäden hat Er von seinem Herzen zu deinem Leben gezogen und du zerreißest sie. Viel tausendmal hat Er deines Lebens Kraft in sich geborgen und damit du frei werdest, hast du dich von ihm getrennt. Sünde – das möchte der Ertrag dieser Katechismusunterweisung sein – ist nicht bloß etwas Negatives, Scheidung von Gott, sondern Hinkehr zu dem, der mein Leben täglich mit Hohn zerstört und schädigt. Wenn die Sünde bloß die Abkehr von dem lebendigen Gott wäre, dann könnte ich noch viele Jahre mit seinen Gaben mein Leben fristen; aber Sünde ist eben die Hinkehr zu dem Feind des Lebens: sei du mein Gott, du mein Friede, du mein Glück; und er verheißt es Gott, Glück und Friede