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betrüben will, und mit dem Zittern vor Selbsttäuschung und Selbstbetrug.

 Indes, woran kann ich es denn merken, daß ich in der männlichen Furcht stehe? Daran, daß alle meine Gedanken auf das Eine sich sammeln und richten, daß ich Jesum sehen möchte. Frage dich in dieser Abendstunde: ist dir’s gleichgültig, ob du ihn einmal sehen wirst? Ist dir’s ein Schrecken, daß du ihn einmal sehen mußt? Oder ist es deine höchste Freude mit dem Apostel zu sagen: „Welchen ihr nicht gesehen und doch lieb habt und nun an ihn glaubet, wiewohl ihr ihn nicht sehet, so werdet ihr euch freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude und das Ende eures Glaubens davon bringen, nämlich der Seelen Seligkeit.“ – Ich glaube, die meisten unserer sogenannten Christen werden sagen: eigentlich habe ich soviel Lehren von Christus gehört, daß ich kein Verlangen danach trage, ihn zu sehen; denn die meisten Menschen, auch Christen, denken nicht daran, daß nach diesem Leben noch eines kommt. Auch unsere sogenannten Kirchenleute haben es sich so zurechtgelegt, daß es nach diesem Leben entweder ganz aus ist, oder daß eine allgemeine Seligkeit anbricht. Ist dir’s ein Schrecken, daß du Christum siehst, den Christus, von dem das Lied sagt: ein König hoch und unerreichbar? Ist dir’s ein Schrecken, daß du Jesum siehst mit der Frage: ein Lebenlang war Ich bei dir und du kennest mich nicht? Oder ist es deine höchste Freude, daß endlich einmal die Nebel sinken und die Schatten weichen und die Nacht zerrinnt und am Morgen ist Jesus da? Du selbst magst dir Antwort geben, deiner Seele mußt du es sagen, damit sie beizeiten wisse, wie es steht. Und je mehr du begehrst, Jesum zu sehen, desto mehr erfährst du, was der Apostel sagt: Wer solche Hoffnung zu ihm hat, der reinigt sich, gleichwie Er rein ist.

 In dem Leben eines Menschen, der Jesum sehen