Seite:Hermann von Bezzel - Die zehn Gebote.pdf/39

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

machen, damit Er bei uns einkehre und unser Leben erfülle, unsere Sehnsucht stille und unserm Heimweh die Gewißheit der Erhörung gebe.

 Mitten in diese Adventszeit fällt nun die Erklärung des zweiten Gebotes, die vom Mißbrauch und rechten Gebrauch des Namens Gottes handelt. Das zweite Gebot wehrt uns bei seinem Namen zu fluchen, zu schwören, zu zaubern, zu lügen, Unrechtes und Ungutes zu treiben, und heißt uns seinen Namen in allen Nöten anrufen, zu ihm beten, ihn loben und ihm danken. Da wird es gut sein, Gemeinde Jesu, wenn wir in dieser Abendstunde uns über den Namen Gottes etwas besprechen.

 Die Frage wäre wohl die: ist der Name Gottes der, womit Er genannt werden kann oder der, womit Er genannt werden will?

 Ach, wie vielfach wird das Unbegreifliche und Unfaßbare mit allerlei Namen belegt und bezeichnet! Dort ist es das Geschick, hier die allwaltende Natur, dort der Himmel, hier die Vorsehung, dort das große, alles umschließende Weltwesen, der Weltgeist, die Weltseele, das Weltgewissen, und hier sagt man dir: Du bist Gott, o Mensch, und Gott ist deinesgleichen; nicht Er ist Mensch geworden, sondern der Mensch ist Gott.

 So sucht man ihm allerlei Namen zu geben, um das Unfaßliche faßbar zu machen. Man sucht es näher heranzuziehen und schließlich zieht man es in den Staub, sucht es begreiflich zu machen und beraubt es seiner Größe, will es der Seele bei dieser Benennung heimisch werden lassen und schließlich kann sie nimmer sich retten. Zu einem Begriffe, den ich nenne, zu einem Etwas, das ich bezeichne, zu einem Faßbaren, das ich mir vorstelle, kann ich nicht in meiner Not rufen: erhöre mich, lieber Herre Gott! und in meiner Sünde mich wenden: erbarme Dich mein, Herre Gott! und in meiner Todesnot mich flüchten: mache mich