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 Darum sagt unser Katechismus von fünf Stücken, mit denen wir den Namen Gottes entheiligen: Daß wir bei seinem Namen fluchen, schwören, zaubern, lügen oder trügen.

 Da denkst du auf deinem Lager, indem du des Tages Lauf und Last noch einmal übersiehst, nicht an diejenigen, denen du weh getan hast, so daß du Gottes Erbarmen anflehen und sagen müßtest: Ich habe gesündigt in den Himmel und vor Dir, sondern du denkst nur an diejenigen, die dir weh getan haben und dein letzter Gedanke ist ein verwünschender; du hoffest, daß du es, wenn du ihnen auch nicht direkt Böses anwünschest, doch noch erleben möchtest, wie deinen Feinden bezahlt und deinen Gegnern wohlvergolten wird. Und in deine Träume webt sich die Verstimmung des Tages und in deinen Schlaf mengt sich das bittere Gift der Rache und wenn du erwachst, ist aus der Verstimmung des vorigen Tages eine Abneigung und Feindschaft geworden. So hat sich in die Beschäftigung mit dem Namen Gottes, in das letzte „walte Gott“ am Abend der Fluch gegen deinen Nächsten eingedrängt, übergewaltig hat er das Gebet zum Verstummen und den Gedanken an Gott zum Schweigen gebracht; du hast bei seinem Namen, in der Nähe des Namens Gottes geflucht.

 Und was du in der Stille dachtest, das kann die Zunge nicht lange bewahren. Denn wenn noch eine göttliche Heimsuchung zurückhält, was tief in der Werkstätte des Herzens ersonnen wird, auf einmal in einem unbewachten Augenblicke, in einem unbedachten Worte eilt es über die Lippen: du hast deinem Nächsten geflucht. Du hast ihm wiederum vielleicht nicht alles Üble angewünscht, es vielleicht in eine mildere Form eingekleidet, aber das soll er noch sehen, das soll er noch erleben, wie ihm dieses und jenes, das er dir angetan hat, noch heimgezahlt wird. Und unwillkürlich werden dann diese verwünschenden Worte zu wirklichen Flüchen.