Seite:Hermann von Bezzel - Die zehn Gebote.pdf/51

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 Ich rede ja nicht zu einer Gemeinde, die der gemeinsten Flüche sich bedient, wie wir sie auf der Gasse hören: wenn der Fuhrknecht seinen Wagen nicht mehr weiterführen kann und nun den armen Pferden alles Schlimme wünscht, oder wenn der Arbeiter nicht den Stein heben kann und nun glaubt, seine müden Arme dadurch zu stärken, daß er alles Heilige und Hehre verwünscht und verflucht. Wie es denn auch ein Zeichen der Männlichkeit bei hoch und nieder ist, wenn rohe und rauhe Flüche über die Lippen eilen. Es hat mir neulich ins Herz geschnitten, als im Deutschen Reichstag ein hoher Herr, ein Vertreter der politischen Richtung, die dem Christentum nahe sein soll, mit einem derben Fluch seine Rede unterbrach. Und in den Zeitungen war verzeichnet: Allgemeine Heiterkeit, die sich von der äußersten Linken bis zu den höchsten Staatsbehörden, die im Reichstage vertreten sind, fortpflanzte. Wie wollen wir dem Volke noch die große Sünde des Fluchens verwehren, wenn in der Hochschule des rechten und guten Tones ungerügt und ungescheut geflucht wird? Darüber brauche ich hier nicht zu reden, die Gemeinde hält sich wohl von derlei Flüchen fern. Aber denke daran, wie du auch manchmal nicht bloß deinem Nächsten Böses erdenkst und ersinnst und nicht bloß deinem Nächsten Böses wünschest, sondern auch wie du deinen Herrn und Gott und seinen hl. Namen verfluchst. Wie dort in schwerster Drangsalshitze, umgeben von der Torheit der Freunde und umdroht von der Unwissenheit und Versuchung seines Weibes, in bitterer Krankheitslast Hiob den Tag seiner Geburt verfluchte, wie Jeremias den Tag verwünschte, daß er nie erschienen wäre, da man seinem Vater meldete, es sei ihm ein Sohn geboren, so ist auch über deine Seele manchmal die Nacht gekommen, da du keinen Stern seiner Verheißung und keines Lichtes seiner Gnade mehr gedenken mochtest, da dir Gott lästig war, der die Blüten auf deinem Lebenswege nur dazu