Seite:Hermann von Bezzel - Die zehn Gebote.pdf/63

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ersticken. Daß Er das noch nicht getan hat, obwohl wir sein Wort oft versäumt und verunehrt und ihm haben Schaden tun lassen, ist eine unaussprechliche Gnade. Und daß bei aller Schärfe des Urteils, die in uns wohnt, diese Kritik ehrfürchtig vor seinem Worte zurückweicht und Er die Schuhe uns ausziehen heißt, wenn wir auf heiligem Boden stehen, dafür preisen wir ihn in dieser Stunde. Es könnte ja auch sein, daß ich von dem Strome der modernen Aufklärung fortgerissen, meinen Heiland verleugnete und des Evangeliums von Christo, des armen, mich schämte! Es könnte auch sein, daß ich, um gebildet zu erscheinen, bei denen stünde, die das alte Gotteswort durch neue Weisheit ersetzen wollen! Daß Er in die Seele Seines Knechtes die Ehrfurcht vor seinem Worte gelegt und in ihr bewahrt hat und daß Er euch immer wieder um dieses arme schlichte Wort sammeln wollte und euch in diesen Bibelstunden nichts anderes – so hoffe ich – darbieten ließ, als seinen lauteren gnädigen Gotteswillen, kein Menschenwerk und kein Menschengedicht, dafür loben wir ihn. – Und wir loben ihn dafür, daß Er dieses Wort, sein heiliges teueres Wort, hat Gestalt annehmen und Mensch werden lassen im Staube der Alltäglichkeit, Jesum Christum, den Heiland der Welt, hat vor uns hergehen heißen, daß Er sich zu uns Mühseligen wende und zu uns Sündern sich kehre und unsre Not auf sich nehme und unsere Schuld sich auflege. Wir loben ihn dafür, daß, wenn Er selber, den niemand gesehen hat, noch sehen kann, unsern Augen langsam entschwand, langsam aus den Tiefen der Sünde, aus den Fernen der Zeiten, aus den Weiten der Welt, seines Sohnes Kreuzesgestalt hervortrat: Sehet, das ist Euer Gott! Daß Er, wenn alles uns zu entfallen drohte, und wir, ganz bettelarm, dem dahinrauschenden Strom der Zeit nachsehen mit der leisen Bitte: trage uns fort und laß uns nimmer sein – seines Sohnes Erbarmen