Seite:Hermann von Bezzel - Die zehn Gebote.pdf/69

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manchmal will uns die Sorge beschleichen, ob überhaupt unsere Arbeit noch einen Wert hat, weil sie ja doch aufhört, und ob unsere Treue überhaupt Bedeutung hat, weil ja doch alles ein Ende nimmt. Eine Menge schwerer Gewißheiten, die dadurch nicht leichter werden, daß man ihnen ins Auge zu sehen sich weigert, sondern je weniger du sie mit Ernst ins Auge faßt, desto stiller werden sie, um auf einmal aus der Stille wie ein gewappneter Mann hervorzubrechen und dich zu zermalmen. Folge meinem Rat, er ist treu gemeint und ich darf sagen, wohl erprobt: denke fleißig an das Allergewisseste deines Lebens: „Ach Herr lehre doch mich, daß es ein Ende mit mir haben muß und mein Leben ein Ziel hat, und ich davon muß. Lehre uns bedenken, daß wir sterben müssen, auf daß wir klug werden.“ Die ihr nicht wißt, was morgen sein wird, aber wohl wißt, was morgen nicht mehr sein wird: euer Leben! In dieser schweren Not, daß ich täglich arbeiten muß um der Gewißheit des Nimmer-Arbeitens entgegen zu kommen, in dieser schreckhaften Gewißheit, daß diese lebhafte Hand bald kalt und starr und das frische Auge bald stumpf und still stehe, in dieser niederdrückenden, ja fast entkräftenden Gewißheit flüchte ich zu dem, der der Quell alles Lebens ist: hast du mich dazu geschaffen, daß ich den Staub vermehre? Hast Du mich dazu beten lehren, daß ich meines Gebetes nie froh und seiner Erhörung nie teilhaftig werde? Hast Du mir dazu Deinen Sohn gesandt, daß man sein Kreuzeszeichen an meinem Grabe aufpflanze, ein Zeichen des Todes an der Stätte des Todes? Aber indem ich in dieser großen Not, die so demütigt und entmutigt zugleich, zu meinem Herrn flüchte, höre ich: Fürchte dich nicht, ich war tot und bin lebendig geworden! Und aus der das Leben verneinenden und zerstörenden Gewißheit des Todes blüht durch die österliche Gnade des Todes Jesu Christi die siegreiche Gewißheit des Lebens auf: Ich lebe und ihr sollt