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oder seine Augsburgische Konfession fleißig liest, weiß, daß alle Äußerlichkeit am Sonntag für unsere Kirche weggefallen ist. Luther sagt: Was man mit gutem Gewissen am Sonntag tun könne, das soll man tun. Denn Christus selbst hebt den Sabbat auf. Darum möchte ich zunächst der englischen Auffassung des Sonntags, wie sie wohl auch bei uns in den Kreisen ernster Christen vielfach Sitte ist, nicht das Wort reden. Im Alten Bunde ist der Mensch um des Sabbats willen da, im Neuen Bunde der Sabbat um des Menschen willen. Und des Menschen Sohn, der in allen Satzungen seines Vaters einherging, hat den Sabbat gebrochen, indem Er heilte, Wunder tat, seinen Jüngern das Ährenraufen gewährte, den Wassersüchtigen heilte und von seiner Not befreite, indem Er darauf hinwies, daß David ungestraft am hl. Orte zur hl. Zeit die hl. Gottesbrote genossen hat. Es ist ein großes Wort, daß der Sabbat um der Menschen willen da sei, 1. damit wir feiern, 2. damit wir heiligen.

 Der Sabbat, welchen Tag du dazu wählst, das bleibe dir unbenommen, sagt Luther, der Sabbat, den die Kirche Jesu Christo bald nach der Auferstehung ihres Herrn auf den Sonntag, den ersten Tag der Woche verlegte, ist dazu gegeben, daß du feierst. Feiertag, Feierkleid, Feierglocken – von Jugend auf sind wir’s gewöhnt den Sonntag auszuzeichnen. Wenn die Glocke den Sonntag einläutet, so ist es uns feierlich zumute; es ist dieselbe Glocke, die am Samstag Abend das Gebet läutete, aber ganz anders klingt sie über Berg und Tal am Sonntagsmorgen: Gottesfrieden, Stille, Ruhe, die der Herr gebot. Und daß wir Feierkleider anlegen – und welch innige Jugenderinnerung ist es uns, wie uns die Mutter am Feiertag die besten Kleider zurechtlegte – das ist ein Rückblick auf ein verlorenes und ein Ausblick auf ein kommendes Paradies: die zieh ich aus, dagegen wird Christus mir anlegen den Rock der Ehr und Herrlichkeit.