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 Und daß der Feiertag der Tag ist, auf den man sich freuen kann, das bleibt in der schweren Wirklichkeit des sechs Tage-Betriebes ein so seliges und herrliches Ding. Zwar kann ich mir keinen Christen denken, der sich nicht für jeden Tag eine bestimmte Summe von Freuden zurecht gelegt hätte; denn im Christenleben muß es immer etwas geben, woran man sich freut. Und daran kannst du am besten den Stand deiner Heiligungs-Arbeit erkennen, ob du täglich Gedanken hast, noch am Abend ehe du einschläfst, an denen du dich erfreust, Freuden, die du erlebtest oder denen du entgegen gehst. Menschen, die genau an derselben Stelle morgens das Joch aufnehmen, an der sie es am Abend vorher niedergelegt haben, Menschen, die mit demselben trübseligen Angesichte am Morgen die Aufgabe wieder fortsetzen, mit dem sie dieselbe abends abbrechen, sind arm und bemitleidenswert und fern von aller Heiligung. Und wer etwas zu erziehen hat oder zur Lösung der sozialen Frage etwas beitragen will, wer unter der schwerarbeitenden Schichte fördernd wirken möchte, der sorge dafür, daß eine kleine Freude nicht bloß den Sonntag, sondern jeden Tag verkläre.

 Also dazu, o Seele, ist dir der Sonntag gegeben, daß du feierst, daß du all der Arbeit dich enthältst, die den Sonntag wieder in die Alltäglichkeit, in den Alltag herabzudrängen geeignet ist. Ich greife nur etliches heraus. Es ist auch in christlichen Häusern Sitte, gerade den Sonntag durch besonders gute Gerichte und reichlichere Speisen auszuzeichnen und dadurch den Dienstleuten den Sonntag zu erschweren und zu verbittern. Manche Dame, die Gott auf den Lippen und den Traktat in der Hand hat und die sehr erbaulich über den Sonntag in der Sonntagsschule zu unterrichten weiß, denkt nicht daran, daß zu Hause ihre Magd seufzt unter der Last des Sonntags.

 Und mancher fromme Mann, dem es ernst ist mit