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ein. Nicht das weiht den Sonntag, daß du an ihm nichts arbeitest, sondern das weiht ihn, daß du an ihm Gott ganz besonders für dich und in dir arbeiten läßt. Und wenn du den Sonntag vom frühen Morgen bis zum späten Abend jede Arbeit ließest und Gott hat an diesem Tage dir nicht besonders zugesprochen und du hast ihm nicht an diesem Tage dein Ohr besonders erschlossen und geliehen, so ist der Sonntag für dich ein Wehetag und ein Tag der Qual. Wessen Leben sich nicht schließlich aus lauter Sonntagen zusammensetzt, dessen Leben endet in der großen Qual eines ewigen Arbeitstages.

 Wer nicht von jedem Sonntag höher auf die Warte, von der aus man in die Heimat sieht, gestellt wird, der muß, weil es hier kein neutrales Gebiet gibt, durch den Sonntag immer tiefer von Gott gelöst und immer weiter von seinem Worte gebracht werden. Ja, wie soll ich dann den Sonn- oder Feiertag heiligen? Ich höre dich rufen: behüte uns doch Gott vor dem „englischen Sonntag!“ Und ich antworte dir: aber noch weit mehr behüte uns Gott vor dem „ägyptischen Sonntag“! Der englische Sonntag, der etwas äußerlich Enges, Gesetzmäßiges hat, der Tag, an dem kein Vergnügungszug geht, kein Theater geöffnet ist, keine Konzerthalle die Menge von Besuchern in sich schließt, der Tag, an dem auch Hausmusik verboten ist und an dem der ernste Engländer früh zur Kirche geht, nachmittags wieder zur Kirche geht und abends noch der Vesper beiwohnt, – der Sonntag mag uns Lutheranern etwas Fremdartiges sein. Aber noch viel ärger ist der ägyptische Sonntag, über dessen Toren das Wort steht: Und Gott sprach zum Volke und das Volk hörte ihn nicht vor lauter Arbeit! Darum: wie sollen wir den Sonntag heiligen? Und ich gebe dir als erste Antwort, in der alles enthalten ist: heilige ihn familienhaft!

 Das gilt nun zunächst denen der Anwesenden, die