Seite:Hermann von Bezzel - Die zehn Gebote.pdf/93

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sie gibt und nimmt, sie empfängt und schenkt, sie erhält und bedankt. Sie bedankt aber hauptsächlich in der Liturgie. Geht es dir nicht durch die Seele, wenn die Gemeinde mit dem Geistlichen betet: Er lasse uns sein Antlitz leuchten, daß wir auf Erden erkennen seine Wege! Das Größte, um was wir ihn bitten können, daß Er uns nicht dunkle Wege führe, sondern daß Er uns lichte, gnadenvolle, von Verheißung und Erbarmen gekrönte Wege führen möge? Ist es dir nicht ein Bedürfnis zu singen: Es segne uns Gott, unser Gott? Und wenn dann das Gloria patri erschallt: Ehre sei Gott dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geiste – und darüber die Zeit und ihre Sünde ins Meer versinkt, dann treten all die kleinen Sorgen vor der großen zurück: „Wie es war im Anfang, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit.“ O, daß auch mein Leben ein Gloria sein möchte, eine Ehrung des dreieinigen Gottes, und auch mein Dienst ein willkommenes Opfer sei! Und wenn wir uns dann demütigen vor dem Gott unserer Väter mit der Sünde der Woche, mit dem Elende des Lebens, mit Vergehung und Unterlassung, mit Untat und Untreue und nun einmütig beten: Herr erbarme Dich, Christe erbarme Dich! – und das gnadenreiche Wort hören: „Der allmächtige und barmherzige Gott hat sich unser erbarmt“ – sind das Formeln? Sind das leere Worte? Ist es nicht vielmehr der selige Familienton aus dem Vaterhaus und Vaterherzen zu uns gedrungen in das Land der Ferne und Fremde, der uns aller Sorge entledigt und uns der seligen Vergebung trostreich und glaubhaft versichert?

.

 Das ist ein vernünftiger Gottesdienst, den sollt ihr nicht verachten! Betrüget euch nicht, indem ihr an der Liturgie vorübergeht, um die Gemeinschaft der Heiligen! Es gibt mir immer – es geht mich zwar nichts an, sondern ist Sache der Gemeinde – einen Stich durchs Herz, wenn