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uns begraben, begehren von der Predigt nichts anderes, als daß der Diener Jesu das Wort zur Geltung kommen und an unsere Seele reden läßt. Das ist die beste Predigt, wo man den Prediger vergißt und nur noch den Diener hört, der seines Herrn Befehle ausrichtet. Das ist die beste Predigt, wo einer, gehorsam dem Worte seines Gottes, schlecht und recht darbietet, nicht, was Gott nach seiner Meinung gesagt haben wollte, auch nicht, wie es Gott besser gesagt haben müßte, sondern wie Gott zu uns spricht. Und diese Predigt sollt ihr nicht verachten! Je kunstloser sie ist, desto besser ist sie und je schlichter sie an euch kommt, desto treuer ist sie. Glaubt es, die Predigten, die eingetaucht sind in die Anbetung des Wortes und in den kindlichen Glauben an den, der uns das Wort gegönnt hat, müssen immer auf die Seele wirken. Und du hast einen fehllosen Erweis, ob eine Predigt für dich etwas nützte, wenn du aus ihr einen Willensentschluß heimträgst, der dich die ganze Woche hindurch verfolgt. Es ist ein schlechtes Ding, wenn man fragt: nun wie war die Predigt? und es erfolgt die stereotype Antwort: sie war sehr schön! Und was war der Inhalt der Predigt? Das weiß ich nicht. Du mußt aus der Predigt deinen Willen geheiligt sehen, dann war sie für dich ein Segen.

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 Und wenn du aus ihr nur einen Satz heimbringst, einen Satz, der dich nicht losläßt, sondern immer wieder dich beschäftigt und du nimmst diesen Satz und willst ihn im Leben befolgen, dann hast du eine gute Predigt gehört und wenn sie die einfachste und unansehnlichste wäre. So wollen wir die Predigt, d. h. den gesamten Gottesdienst nicht verachten. Und wenn du einmal traurig aus der Kirche heimkehrst, weil du so gar nichts gehört hast, was deinen inneren Menschen beschäftigt, wer wehrt dir da, die alten Predigtbücher deiner Kirche, deiner Väter aufzuschlagen? Ich habe vor einigen Tagen einen Brief eines