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kann, er kommt aber doch einmal: Tue Rechnung von deinem Haushalt! So sehen die Schwestern: Gerade durch den Beruf redet der Herr an meine Seele: Weß wird es sein, das du bereitet hast? Gedenke daran, daß dein Leben ein Ziel hat und du davon mußt. Man wird dann einsam, aber man wird auch von einer Fülle von Dingen unabhängig. Und das ist es, was man, glaube ich, nicht heiß genug erbitten kann: mache mich in der Einsamkeit nicht hart, aber mache mich durch Einsamkeit frei. Man weiß, man muß ja doch hergeben, dann gibt man lieber bald her; man weiß, es kann uns ja doch nichts töten als Er, darum fürchtet man sich vor allen Todesgewalten nicht mehr weiter; man spürt, es kann uns ja doch nichts scheiden von Ihm als Er und ich; und Er will es nicht und ich will es nicht wollen. Und so wird man ein freier Mann und man wird unabhängig – und das halte ich für das Allergrößte – vom Lob der Menschen. So wie ein armer Ackermann die Furche zieht, weils eben die Furche ist und weil er den Pflug in der Hand hat, und nicht fragt, ob jemand auf sein Tun sieht – er muß eben pflügen – so arbeitet der, der den Erdenberuf recht nimmt, ruhig, gelassen, einsam, ob der Regen in Schauern fällt oder ob die Sonne heiß brennt, er arbeitet, weil der Abend, weil der Herr naht. Diese Einfalt im Beruf, welche den Fuß in der Furche haben läßt, weil eben noch die Furche da ist und weil der Acker sich noch weit ausdehnt, hat eine ungemein lösende Kraft, man glaube mir das aufs Wort; man wird so still, man zählt die Minuten, wo man allein ist mit seinem Herrn: Der Du den Pflug tief gezogen und die Arbeit treu vollendetest und selbst in der gottverlassenen Stunde die Treue nicht ließest, lasse mich treu werden!

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 Das ist Vertiefung, die vom Beruf ausgeht, unmittelbare Beziehung auf Gott in Christo. Man hat nur noch den Ernst des Abends und die Angst, daß die Abendstunde wie ein Traum währt – und dann hilft die Reue nichts mehr und wirkt die Buße nichts mehr und schafft das Verlangen nichts mehr: es ist vorbei. Der Erdenberuf treibt uns zum Sterben, ehe wir sterben und heißt uns hergeben, ehe mans uns nimmt. Der Erdenberuf läßt keine Glocke ernster, schwerer, eindringlicher ans Herz kommen, als die Abendglocke: es bedeutet abermals deines Lebens Ziel und Zahl, und dann weiß man: die Stimme, die uns um den Morgen in den Weinberg rief und die am heißen Mittag uns im Weinberg stärkte, wird dann bald kommen. Um den Abend werden die Knechte gerufen. Ich meine, wir sollten mehr um das Glück der Einsamkeit und Unabhängigkeit uns mühen. In dieses stille Feierabendglück