Seite:Hermann von Bezzel - Einsegnungs-Unterricht 1909.pdf/82

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Antlitz, mit dem er die Völker an sich zieht und verneut, sondern auch Sein heilig ernstes Angesicht, vor dem die Völker in den Staub sinken und die Weltreiche weggehen, als wären sie nie gewesen. Das, was man gemeiniglich Geschichtsunterricht nennt, eine Sammlung und Zusammentragung von Tausenden von Anekdoten aus allerlei Büchern und dann eine öde Einprägerei von Geschichtszahlen ist nichts gegenüber dem Nachgehen dem lebendigen Gott zu Ehren und das Rauschen Seiner Füße wie das Rauschen von großen Wassern hören und zu Ihm sagen: Der Du bist der Gott ewiger Geschichte, heilige auch meines Herzens und Lebens Geschichte, daß sie Dir gehört. Der Geschichtsunterricht, so höre ich wohl, sei interessant! Er ist aber nur interessant, wenn man das Beiwerk zurücktreten läßt, und den Finger Gottes zeigt, der da deutlich an die Wand der Welt schreibt: Gewogen und zu leicht befunden. Er ist dann interessant, wenn das Kind etwas ahnt von Grund und Folge, von den letzten Anlässen und letzten Gottesworten, von dem großen, ewigen Gesetz: Gerechtigkeit erhöht ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben. Man achte darauf, – es sind nur kurze Winke – daß dann der Geschichtsunterricht ein seelsorgerlicher wird, indem man das Kind für Persönlichkeiten begeistert: Ich habe es oft gesagt, das sei die Probe eines guten Geschichtsunterrichts in Jesu Nachfolge, daß, wie Ebräer 11 des Näheren zu lesen ist, die einzelnen Persönlichkeiten sich Helden erwählten. Wie oft habe ich im Konfirmandenunterricht gesagt: „Wer ist dein Liebling in der Geschichte?“, und habe die allerdürftigsten Antworten erhalten, während es doch darauf ankommt, daß man sich Freunde in der Geschichte erwählt, mit denen man einst in den reichen Wohnungen des Vaters seine Erfahrungen austauschen will. Das gilt auch der heranwachsenden Generation: dann wird der Geschichtsunterricht seelsorgerlich, dann hält man sich nicht so lange bei den Mythen der Griechen und Römer auf, sondern man geht herein in das Leben.

.

 So werde auch der deutsche Unterricht, daß ein Kind etwas ahnt von der Barmherzigkeit Gottes, mit der Er die Sprache schuf, in der die Kirche verneut wird. Das Kind, und da stehe ich auf einem ganz anderen Standpunkt, lerne schon um der Sprache willen die biblische Geschichte möglichst dem Wortlaut nach, damit es frei werde von dem Phrasengeklingel unserer Tage und damit es einen Kern habe, einen prägnanten Stil bekomme, der mit Wenigem viel sagt. Was liegt, wenn die heiligen Evangelisten schreiben, in ihrer Kürze Großes! In dem einen Wort, das der Herr dem Judas zuruft: „Was du tust, das tue bald“ – wie es dann weiter heißt, „er ging