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Kithara, der Harfe und durch ihn Christus ins Haus zu rufen“. Laus et gloria tibi Domine war die Regel Benedikts von Nursia, der die ersten Klöster mit Dank und Preis und ihre hallen mit Psalmen und Lobgesängen erfüllte. Lobpreisend sind Bernhard von Clairvaux und Franziskus von Assisi durch die Lande geschritten, und die Psalmenklänge mit ihrem tausendfachen Halleluja hat Luther durch deutsche Saiten rauschen lassen, daß die Überschwellen erbeben und die Chöre der Lob und Danklieder nicht verstummen. „Ich singe dir mit Herz und Mund“ fällt Paulus Gerhardt ein, in dessen Gemüt eitel Sonnenschein ist, denn „in ihm ist soviel Sonnenblume, immer sonnenwärts gerichtet“ (Hippel). „Wunderbarer König, Herrscher von uns allen, laß dir unser Lob gefallen“ – tönt und dankt es weiter – bis der fromme Wunsch tausend Zungen des Lobes sich erbittet, daß mit hunderttausend Zungen, mit Stimmen noch viel mehr, wie von Anfang gesungen das große Himmelsheer, die Ewigkeit gefeiert werde.

 Es gibt keine bessere Erziehung als die freudige und keine größere Kunst als Freude zu wecken. Der Weg durch das Gelände am Sonntagnachmittag, der Gang durch den Wald sind Freudenstunden, die Eltern ihren Kindern oftmals bereiten sollten. Ich sehe von den besonderen Geheimnissen des Waldes ab: Goethe besingt ihn und Schenkendorf preist ihn, Eichendorff feiert und Uhland deutet seine Geheimnisse. Kein Volk hat soviel Liebe zum Wald mit seinem Sinnen und Sagen, mit seinem geheimnisvollen Schweigen und Rauschen als das deutsche. Und im Walde ist es wie ein von Menschennot und -sorge ungestörter Lobpreis Gottes: alles, was Odem hat, lobt den Herrn, den Durchbrecher aller Bande, der das Kyrie der Natur versteht und in den Psalm der Ewigkeiten wandelt, wie es im Lobgesang der drei Männer im Feuer so wundersam klingt.

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Hermann von Bezzel: Erziehungsfragen. Müller & Fröhlich, München 1917, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Erziehungsfragen.pdf/16&oldid=- (Version vom 9.9.2016)