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ringsum sich brauchen und fragen und begehren lassen und das große Geheimnis von dem Meister aller Zeiten sich erbitten, immer Zeit zu haben, er wolle auch das offizielle Christentum von Ihrem Antlitz wegtun und allen äußeren Formalismus, der mehr zerstört als aufbaut und erreicht, von Ihnen nehmen, wird Ihnen nichts unmöglich sein. Die Kirche Jesu Christi dankt Ihnen aus bewegtem Herzen, wenn Sie dieses Liebesfeuer unseres einigen Erbarmers, ob auch manchmal in eigenartiger Weise, leuchten und glühen lassen! Darf ich’s hinzusetzen, nehmen Sie jeden Tag auch eine Fürbitte für Ihr armes und reiches Geschlecht ins Gewissen! Je mehr eine Bewegung betet, verinnerlicht sie sich und je mehr sie die großen Fragen der Zeit ihrem Herrn vorträgt, desto mehr flutet sein Segen hernieder. Die Frage darf ich ins Gewissen werfen: Haben wir nicht zu wenig gebetet, haben wir nicht über all den Veranstaltungen und Versuchen den größten Versuch unterlassen? „Meister, hilf uns, wir versinken!“ – Nicht nur die Kirche Christi, auch die ganze Männerwelt dankt dafür. Wenn durch das wärmende Feuer der Christusliebe wieder geordnete Zustände herbeigeführt werden könnten, das wäre eine Mission des evangelischen Frauenbundes. Wie er die Gewissen schärft, die Häuslichkeit erbaut, die Frauen wieder an ihre höchste Arbeit mahnt, wenn er wieder menschenwürdige Verhältnisse herzustellen sucht! In der Not der Zeit gehen die Männer rücksichtslos oft in das Große und ihre Seelen vergessen das Kleine. Aber der Frau höchstes Regale und seligstes Vorrecht bleibt es, im Kleinen zu bessern, im Unscheinbaren zu helfen und an der Lösung weltbewegender Fragen durch Darreichung scheinbar geringer Beiträge größtes zu leisten.

 Aber könnte der evangelische Frauenbund in falscher Rücksichtnahme und in konventionellem Schweigen die Liebe der Wahrheit unterordnen? Wäre es so gemeint, als ob man nun zu aller Not und ihrer inneren Verursachung schweigen sollte und um nicht anzustoßen, alles gut heißen dürfte? Das sei ferne! Das werbende und wärmende Feuer ist zugleich ein verzehrendes.

 Der Herr, der seinem Volk Frieden gegeben hat, hat das Schwert gezogen und der in seinem Herzen den Mühseligen helfen wollte, hat aus dem Heiligtum die Krämer und Wechsler mit der Geißel vertrieben. Es ist eine Pflicht, die nicht ernst genug genommen werden kann, daß evangelische Frauen ein flammendes, ernstes Zeugnis wider alles Unrechte und Unreine ablegen. Lassen Sie mich mit kurzem Wort noch auf die Nachtseiten unserer Zeit zu reden kommen!

 Wenn das Weib seine heilige und heiligende Eigenart schnöde vergißt und willig verliert, wenn es zu den höchsten Gaben der Heiligung, Verschönerung, Bereicherung des Mannesleben berufen sich