Zum Inhalt springen

Seite:Hermann von Bezzel - Festpredigt und Rede gehalten bei der Einweihung des Maria-Martha-Stifts mit Altersheim.pdf/6

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Diener meiner armen Kirche, alle diese reichen Anstalten und Bemühungen christlichen Ernstes in euren Mauern. Ihr habt dem fremden Wanderer die Herberge bereitet und herbergt gerne. Ihr seid gastfreundlich ohne Murmeln. Ihr habt der nachdrängenden weiblichen Jugend Schulen gebaut, in denen Erdenwissen ihnen vermittelt und im Meister alle Weisheit ihnen gezeigt wird, habt für die künftigen Hausfrauen eurer Kirche, für dieses heißbegehrte, aller Bemühungen würdige Wesen Großes gewagt. Ihr habt ihnen Häuser gebaut, in denen sie in aller weiblichen Zucht und Arbeit unterwiesen werden mögen. Ihr habt eure Alten und Verlassenen nicht vergessen, damit es um ihren Lebensabend Licht werde. Das sind gute Gaben. Gott sei Dank dafür, daß er in dieser teuren Gemeinde solche lichte Gedanken geoffenbart hat. Die Kirche segne dich, evangelische Gemeinde, daß du ein Gefäß der göttlichen Barmherzigkeit und ein Werkzeug seiner Gnade werden willst und geworden bist. So vertrauen wir euch ein gutes Stück unserer Zukunft. Lehrt sie die Freude am Herrn als ihre einzige Stärke, zeigt ihnen die Treue gegen das reformatorische Bekenntnis als Ehre des christlichen Namens und als Schmuck jungfräulicher Würde, damit nicht am Traualtar versäumt werde, was der Konfirmationstag versprochen und gelobt hat. Das sind wahrhaft gute Gaben, und wenn nun diese Jungfrauen und Mädchen, welche der Anstalt anvertraut werden, in allerlei Not und Angst sich befinden, wenn, teure Lehrerinnen, der Erfolg nicht entspricht und sorgende Arbeit nur Dornen und Disteln erntet, hört, Geliebte, es gibt ein vollkommenes Geschenk, das heißt Vergebung der Sünde, und wo Vergebung der Sünde, da ist Leben und Seligkeit. Ja, liebe Jungfrauen meiner Kirche, die ihr hier in allem Großen, Reinen und Guten unterwies[e]n werdet, nehmt dieses große Geschenk in euer Herz: So wir sündigen, haben wir einen Fürsprecher beim Vater, Jesum Christum, der gerecht ist. Teure Lehrerinnen, zumeist aus einer Anstalt entsprossen, die wir als eine gute Gabe unserer Landeskirche seit jetzt 58 Jahren verehren und ehren, wenn ihr in eurer Unterweisung fehlt, statt Liebe die Erregung regiert, wenn das Gleichmaß in der Arbeit auch entfällt, Er ist euer Friede, eurer Unvollkommenheit antwortet seine Gnadenfülle ein vollkommenes Geschenk. Nehmt das mit Freuden auf, dieses Wort, welches euch und eure Seelen selig machen kann. Denkt daran, daß ihr schnell seid, zu hören, wo euch sein Wort begrüßt, in allerlei Gestalt und Form des Erdenwirkens an euch kommt. Seid schnell zu lernen, wo euch sein Wort geboten und geheiligtes Beispiel euch vor die Seele tritt, und seid langsam zu reden, in all euren Worten still und gelassen, in eurem Leben gezüchtet und geheiligt und langsam zu aller Schärfe und Zorn, denn des Menschen Zorn verwirkt die Gottesnähe.

 Meine Teuren, freut euch in dem Herrn, sagt es euch täglich, daß ich bin und daß ich arbeiten, lehren und lernen darf, sage du, teure Gemeinde, daß ich schenken und schirmen darf, ist eitel Gabe, ist lauter Gnade, sagt: „Es ist ja, Herr, Dein Geschenk, gib ihm Wachsen, Blühen und Fortdauer.“ So nehmt und freut euch, so gebt und frohlockt und seid dankbar, daß ewige Güte und ungeminderte frische Gaben und Geschenke niedersteigen auf Erden. Aus dieser Fülle nehmt Gnade um Gnade und aus dieser Stärke nehmt Kraft um Kraft. Wenn ihr aber sagt: Woher kommt das Unkraut, da ich doch Weizen säete, woher kommen die Schatten und Enttäuschungen, da bei ihm doch lauter Licht ist, woher kommt Unfriede, Angst und Streit und das Weh des Lebens, die man deutlich sehen kann? Nur gute, nur vollkommene Gabe kommt von oben herab. Irret nicht, sagt nicht, die Schuld liegt an Ihm, sondern gesteht es, daß nachts der Feind kam, als die Leute schliefen, das hat der Verräter gewirkt, als ich nicht wachte. Das ist mein böser Eigenwille, der sich ihm nicht ergab, als er gefordert ward und meine Sünde, die nicht zu zählen und zu verstehen ist. – Aber „All’ Sünd’ hast Du getragen, wir müßten sonst verzagen, erbarm Dich unser, o Jesu!“ So sei die Freude meine Kraft zur Arbeit, treu im Empfangen und im Geben!

 III. Und mit einem letzten Gruß soll das Evangelium, soll die Epistel des Tages euch beglückwünschen. Das Evangelium redet von einem Zurückströmen des Lichtes zu dem, von dem es ausgegangen, von einer rückwärts und damit doch heimwärts gehenden Geschichte.