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ins höhere Alter jung erhalten und Kraft und Frische der Jugend um sich zu verbreiten gewußt.

 Einer Diakonisse aber möchte ich gerade in dieser Versammlung gedenken, die mit der feinsten äußerlichen Bildung den frommen, jungfräulichen Sinn und das sehnende Verlangen nach dem wahrhaft Reinen, Edlen und Schönen verband, – sie hat ihre zarte Kraft an hiesigen Werken aufgezehrt, – der Schwester Eugenie Schultheß. Die Tochter des durch seine geschichtlichen Arbeiten bekannten Herausgebers des europäischen Geschichtskalenders, trat sie im Herbst 1891 in die Diakonissenschule ein, der alten Wahrheit, die ihr eine neue immer wieder war, mit lebhafter Treue sich erschließend, einfach bei allem Wissen, demütig und schlicht, lichten und lauteren Wesens. Wie man sich gerne eines Frühlingstages erinnert, dessen milder Schein die Last der späteren Tage übersehen läßt, so danke ich Gott für diese reine, große Gabe, die auf der Anfangsarbeit zu einem schweren Beruf mir beschieden war. Aus dem Gottesacker zu Würzburg ruht, was sterblich an ihr war. Weil sie tat, was sie konnte, hat sie ein großes Werk getan und ihr ist geworden, was Recht war, weil sie geben wollte und leisten mochte, was man von ihr erwartete.

 Sie sehen, verehrte Anwesende, daß ich Frauenbilder zumeist aus der Umgebung hernehme, die mir durch fast zwanzig Jahre beruflich sich auftat. Es liegt das nahe aus persönlichen Gründen, es läßt sich aber auch aus sachlichen rechtfertigen. Denn in den Diakonissenhäusern, wenn sie nicht einseitig ein Element des Kirchenvolks pflegen und beherbergen, fassen sich alle die Kirchenkreise zusammen, aus denen unsere kirchlichen, höher gesprochen, die heiligsten Dinge gepflegt und gestärkt werden. Wer ein Diakonissenhaus kennt, hat tiefe Einblicke in die Fragen getan, die unsere Frauenkreise bewegen müssen, wenn sie für die wichtigsten Fragen in Anspruch genommen werden wollen.

 Aber eben darum sei mit den Persönlichkeiten aus dem einen Diakonissenhause diese Darlegung nicht erschöpft. Auf dem baum- und blumenreichen evangelischen Gottesacker zu Augsburg ruhen unter dem großen Kreuze die Diakonissen des durch viele Not und Anfechtung hindurchgeretteten Hauses und Werkes, dem in den letzten Jahren seine Führer und

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Hermann von Bezzel: Frauengestalten aus der Landeskirche. Verlag der Buchhandlung des Vereins für innere Mission, Nürnberg 1912, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Frauengestalten_aus_der_Landeskirche.pdf/13&oldid=- (Version vom 8.9.2016)