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seiner persönlichen Willensdrangabe und Opferung gemacht, mit dem Leide, wie die mittelalterliche Kirche sagt, vermählt und „der Armut Bräutigam“ hat Christus die Leibesnot nach ihren geheimnisvollen Gründen, in Verkettung von Schuld und Strafe, von Leid und Verhängnis erfaßt und nicht sowohl die Krankheit des Menschen als den Menschen in der Krankheit, das Persönliche, wie es hätte sein können und wie es an sich war, erfaßt, um es zu dem zu erheben, wie und was es sein darf. Jesu Seelsorge ist wundersam nach ihren Methoden, vielseitig in Praxis und Bezeigung, einzigartig und auf Eines bedacht, daß die entstellte Münze, mit Augustin zu reden, aus dem Schatze des Königs genommen und verloren, wieder den character regius, das edle Gepräge des Königsbildes erlange. Ob die Anrede vor dem Volke erfolgt, daß es Zeuge der werbenden Tätigkeit werde, die in dem Einzelnen das Ganze und um seinetwillen jenen sucht, oder ob sie vom Volke besonders an die Seele sich wendet, ob die Tat der Hilfe auf mühsame, lange Bitte hin oder aus dem Tiefblick divinatorischer Entscheidung alsbald vollzogen, ob sie mit äußeren Mitteln vollbracht wird oder in weltmächtiger und wunderbarer Größe die Mittel und das durch sie zu Erreichende gleichzeitig gewährt, immer wendet sich die Tat an den verlangenden Willen, zum wenigsten an den erkannten und bereuten Mangel des Willens, unter dem die Seele leidet, und immer löst sie äußere Bande zum Zweck der Befreiung von Zusammenhängen, die ins Innere hereinreichen und über das Innerste in die Ewigkeit hinüberlaufen. Das blöde Auge sieht das Wunder, losgelöst von der Umwelt, emporragend über die weltbekannten und vertrauten Naturgesetze, und dieses Wunder wird geleugnet, wie es annoch geschieht. „Am Grabe St. Medardi hat der große König Ludwig XIV. Gott verboten, Wunder zu verrichten.“ Wer aber tiefer blickt, wird gewahr, daß das Geschehnis nicht als solches und an sich gelten soll, will und kann, sondern als Zeichen weit über sich hinausweist, in die Welt, aus der und für die es geschah. Es ist die gesamte Heiltätigkeit und Hilfeleistung Christi die große Symbolik des Augenblicks aus der Ewigkeit und für sie, die heilige Allegorese und Bildersprache des Sein Volk tröstenden, ihm zu Herzen redenden und es von Sünde und Todesverhängnis erlösenden Heilands. Die gesamte Diakonie Jesu will, sucht, begehrt die Seele. Seelen zu erretten hat sie sich in die Wüste geflüchtet, in die Weite gewagt, von der Heimat

Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Bezzel: Grund, Kraft und Ziel der Inneren Mission. Buchhandlung der Diakonissenanstalt Neuendettelsau, Neuendettelsau ca. 1914, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Grund,_Kraft_und_Ziel_der_Inneren_Mission.pdf/10&oldid=- (Version vom 24.10.2016)